Bundessozialgericht

Verhandlung B 6 KA 18/19 R

Verhandlungstermin 30.09.2020 10:00 Uhr

Terminvorschau

Kassenärztliche Vereinigung Hamburg ./. Berufungsausschuss für Ärzte Hamburg, 7 Beigeladene
In den Verfahren B 6 KA 16/19 R, B 6 KA 17/19 R und B 6 KA 18/19 R sind zwischen der klagenden Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) und dem beklagten Berufungsausschuss die Verlegungen von genehmigten Anstellungen von einem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) in ein jeweils anderes MVZ, dessen Betreibergesellschaft rechtlich identische Gesellschafter wie die Betreibergesellschaft des abgebenden MVZ hat, strittig. Die beigeladene MVZ M. GmbH beantragte in 2017 die genehmigten Anstellungen der Fachärztinnen für Humangenetik Dr. W. (B 6 KA 16/19 R) und Dr. M. (B 6 KA 18/19 R) zur beigeladenen MVZ L. GmbH sowie des Facharztes für Innere Medizin Dr. P. (B 6 KA 17/19 R) zum beigeladenen MVZ E. zu verlegen. Alleingesellschafterin der jeweiligen verschiedenen Betreibergesellschaften der betroffenen MVZ ist die A. GmbH. Der Zulassungsausschuss lehnte den Antrag ab. Der beklagte Berufungsausschuss genehmigte die Verlegung der Anstellungen. Rechtsgrundlage für die Verlegung sei § 24 Abs 7 Satz 2 Ärzte-ZV. Es genüge hierfür, dass die Betreibergesellschaften der beteiligten MVZ rechtlich identische Gesellschafter hätten. Auf die Klage der KÄV hat das SG die entsprechenden Beschlüsse des Berufungsausschusses aufgehoben und den Beklagten zur Neubescheidung verurteilt. § 24 Abs 7 Satz 2 Ärzte-ZV erfasse nicht die Verlegung einer genehmigten Anstellung von einer zu einer anderen juristischen Person. Der Gesetzgeber habe mit dieser Vorschrift nur sicherstellen wollen, dass keine Benachteiligung von MVZ gegenüber Vertragsärzten erfolge. Jedoch sei keine Besserstellung von MVZ bezweckt, indem ihnen - als juristische Personen des Privatrechts - anders als niedergelassenen Vertragsärzten erlaubt werde, genehmigte Anstellungen ihrer Beschäftigten von einer GmbH zu einer anderen GmbH zu verlegen. Chancengleichheit bestehe nur, wenn die Verlegung genehmigter Anstellungen auf MVZ in gleicher Trägerschaft beschränkt bleibe. Da hier die betroffenen MVZ verschiedene Betreibergesellschaften hätten, komme eine Verlegung nicht in Betracht.

Mit seinen Revisionen rügt der Beklagte eine Verletzung von § 24 Abs 7 Satz 2 Ärzte-ZV. Aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift folge, dass auch die Verlegung von Anstellungsgenehmigungen zwischen MVZ möglich sei, deren unterschiedliche Betreibergesellschaften identische Gesellschafter hätten. Die MVZ würden durch diese Möglichkeit der Verlegung von genehmigten Anstellungen auch nicht gegenüber Vertragsärzten bessergestellt.

Vorinstanz:
Sozialgericht Hamburg - S 27 KA 83/18, 17.04.2019

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Terminbericht

Die Revision des beklagten Berufungsausschusses war erfolgreich. Der Senat hat das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Der Beklagte hat die Verlegung der Arztanstellung zu Recht genehmigt.

Rechtsgrundlage der begehrten Verlagerung der Anstellung ist § 24 Abs 7 Satz 2 Ärzte-ZV; danach gilt für die Verlegung genehmigter Anstellungen "Entsprechendes" wie für die Verlegung des Vertragsarztsitzes durch einen Arzt. Der Gesetzgeber wollte damit die Möglichkeit eröffnen, Anstellungsgenehmigungen zwischen verschiedenen MVZ "in gleicher Trägerschaft oder bei Identität der Gesellschafter" zu verschieben.

§ 24 Abs 7 Satz 2 Ärzte-ZV ist von der Ermächtigungsgrundlage des § 98 Abs 1 SGB V gedeckt. Die Vorschrift ermächtigt dazu, das Nähere über die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung sowie die zu ihrer Sicherstellung erforderliche Bedarfsplanung in den Zulassungsverordnungen zu regeln. Zwar ist die Verlegung einer Anstellungsgenehmigung von einem MVZ zum anderen für beide beteiligten MVZ unmittelbar statusrelevant, weil sich die Zahl der jeweils zu erfüllenden Versorgungsaufträge ändert. Vergleichbare statusrelevante Fragen werden in der Regel im SGB V und nicht in der Ärzte-ZV geregelt. Andererseits war hier zu berücksichtigen, dass die durch Art 12 Abs 1 GG geschützte berufliche Betätigungsfreiheit der Träger von MVZ durch die Regelung im Rang einer Rechtsverordnung erweitert und nicht eingeschränkt wird.

Stellt § 24 Abs 7 Satz 2 Ärzte-ZV danach eine wirksame Rechtsgrundlage für das Begehren der Beigeladenen zu 1. dar, sind deren Voraussetzungen erfüllt. Der Auffassung des SG, dass die Vorschrift die Verlegung nur gestattet, wenn beide MVZ von derselben Betreibergesellschaft getragen werden, nicht aber, wenn zwei rechtlich eigenständige Betreibergesellschaften beteiligt sind, deren Gesellschafter jedoch vollständig identisch sind, folgt der Senat nicht. Maßgeblich für die Gleichstellung beider Sachverhalte ist der Umstand, dass die Zulassungsgremien die Frage, ob jedes MVZ eine eigene, exklusive Betreibergesellschaft benötigt oder ob eine GmbH auch mehrere MVZ betreiben kann, bis zur Klarstellung der Rechtslage durch den Gesetzgeber im Jahr 2019 unterschiedlich gesehen haben. Die Auffassung des SG hätte vor diesem Hintergrund zur Folge, dass in Zulassungsbezirken, in denen die Gremien schon vor der Klärung der Streitfrage durch den Gesetzgeber die Trägerschaft einer GmbH für mehrere MVZ gestattet haben, die Sitzverlegung möglich ist, während in anderen Bezirken, in denen die Gesellschafter für jedes von ihnen konzipierte MVZ eine eigene GmbH gründen mussten, diese Option nicht besteht. Für eine solche Differenzierung sind keine im Hinblick auf das Gleichbehandlungsgebot des Art 3 Abs 1 GG tragfähigen Gründe ersichtlich und dies entspräche auch nicht der in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck kommenden Intention des Gesetzgebers.

Sämtliche Berichte zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 36/20.

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