Bundessozialgericht

Verhandlung B 14 AS 47/18 R

Grundsicherung für Arbeitsuchende - Sanktion - Junger Erwachsener - Unterkunftsleistungen - Einkommensberücksichtigung

Verhandlungstermin 26.11.2020 10:00 Uhr

Terminvorschau

Landkreis Hildesheim ./. Bundesagentur für Arbeit
Der klagende Landkreis Hildesheim und die beklagte Bundesagentur für Arbeit, die Träger des Jobcenters Hildesheim als gemeinsame Einrichtung sind, streiten über die Rechtmäßigkeit leistungsrechtlicher Feststellungen nach § 44a Abs 4 ff SGB II.

Der Kläger meint, § 31a Abs 2 Satz 1 SGB II über Sanktionen bei unter 25-jährigen Leistungsberechtigten beschränke die anzuerkennenden Bedarfe allein auf die für Unterkunft und Heizung, weshalb Einkommen unmittelbar bei diesen Bedarfen zu berücksichtigen sei. Demgegenüber meint die Beklagte, die Anrechnung von Einkommen habe zu erfolgen, bevor das Alg II in Folge der Sanktion auf die Unterkunftsleistungen beschränkt werde.

Nachdem der Kläger erfolglos versuchte hatte, eine Änderung der Fachlichen Hinweise der Beklagten zu erreichen, ließ er sich vom Jobcenter einzelne Sanktionsvorgänge vorlegen und legte in drei Verfahren, in denen das Jobcenter gegenüber unter 25-jährigen Leistungsberechtigten eine Beschränkung auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung festgestellt hatte (Bescheide vom März und Mai 2013 an einzelne Leistungsberechtigte), "Widerspruch nach § 44a Abs. 6 SGB II" ein. Die Beklagte teilte daraufhin mit, dass sie nach Überprüfung an ihrer Rechtsauffassung festhalte (Schreiben vom April/Juni 2013).

Die - zunächst auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Weisung und Verpflichtung auf Leistung von Schadensersatz - gerichtete Klage hat das SG abgewiesen. Den im Berufungsverfahren gestellten Antrag, unter Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung festzustellen, dass die Feststellung der Hilfebedürftigkeit in den drei angeführten Fällen rechtswidrig sei, soweit keine Anrechnung von Einkommen auf die Kosten der Unterkunft und Heizung vorgenommen worden sei, und weiterhin festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, an den Kläger insgesamt 1.565,10 Euro zu zahlen, hat das LSG zurückgewiesen. Die Feststellungsklage sei zulässig, das Feststellungsinteresse ergebe sich aus dem Gesichtspunkt der tatsächlichen Präjudizialität. Die Klage sei aber unbegründet, weil die Rechtsansicht der Beklagten vertretbar sei. Auf den geltend gemachten Zahlungsanspruch komme es nicht mehr an.

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 31a Abs 2 Satz 1 SGB II. Die Ansicht der Beklagten könne dazu führen, dass sich eine Sanktion bei einer ersten Pflichtverletzung nicht auswirke.

Vorinstanzen:
Sozialgericht Hildesheim - S 39 AS 1019/13, 09.06.2015
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen - L 11 AS 1124/15, 26.09.2018

Sämtliche Vorschauen zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 43/20.

Terminbericht

Auf die Revision des Klägers ist das Urteil des LSG hinsichtlich der Feststellungsbegehren aufgehoben und die Sache zurückverwiesen worden.

Nach § 44a Abs 4 SGB II kann der kommunale Kläger einer Feststellung der Agentur für Arbeit (AA), ob und in welchem Umfang eine Leistungen begehrende Person hilfebedürftig ist, widersprechen und letztlich eine gerichtliche Entscheidung hierüber anstreben. Demgemäß hat das LSG zu Recht die vom Kläger erhobene Feststellungsklage in einzelnen Leistungsfällen als zulässig angesehen.

Für die materiell-rechtliche Prüfung, ob die Entscheidung über die Hilfebedürftigkeit seitens der AA zutreffend erfolgt ist, genügt indes nicht eine "Vertretbarkeitsprüfung". Vielmehr ist zu entscheiden, ob die Feststellung der AA rechtmäßig war. Dies kann der Senat mangels entsprechender Feststellungen des LSG zu den einzelnen Leistungsfällen nicht beurteilen.

Sämtliche Berichte zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 43/20.

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