Bundessozialgericht

Verhandlung B 11 AL 3/20 R

Pflichtarbeitsplätze - schwerbehinderte Menschen - Maßnahmeteilnehmer - Auszubildende

Verhandlungstermin 04.03.2021 11:00 Uhr

Terminvorschau

K. J. e.V.  ./.  Bundesagentur für Arbeit
Der Kläger wendet sich als Arbeitgeber gegen einen Feststellungsbescheid der Beklagten zur Berechnung der Zahl der Pflichtarbeitsplätze für schwerbehinderte Menschen. Er betreibt als eingetragener Verein mit etwa 400 eigenen Mitarbeitern verschiedene Schulen und Einrichtungen, die Maßnahmen der beruflichen Bildung anbieten, ua auf der Grundlage vertraglicher Vereinbarungen mit der Beklagten. Im Rahmen einer solchen Maßnahme wies die Beklagte einer Einrichtung des Klägers drei schwerbehinderte Maßnahmeteilnehmer zu, die jeweils dreijährige Ausbildungen absolvierten. Die Beklagte förderte die Ausbildung durch Leistungen unmittelbar an diese Teilnehmer. Als Leistungserbringer erhielt der Kläger von der Beklagten für jeden Auszubildenden den vertraglich vereinbarten Festpreis. In seiner Anzeige zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen für das Kalenderjahr 2014 berücksichtigte er diese drei Maßnahmeteilnehmer bei der Ermittlung der mit schwerbehinderten Menschen besetzten Pflichtarbeitsplätze. Die Beklagte korrigierte diese Angaben und setzte die Zahl der unbesetzten Pflichtarbeitsplätze ohne Berücksichtigung der drei Maßnahmeteilnehmer entsprechend höher fest. Klage und Berufung des Klägers blieben erfolglos. Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, die Stellen, auf denen die drei Maßnahmeteilnehmer beschäftigt wurden, seien keine Stellen für Auszubildende iS von § 73 Abs 1 SGB IX aF.

Mit seiner vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine unzutreffende Auslegung von § 73 Abs 1 SGB IX aF. Auch Maßnahmeteilnehmer fielen nach dem Wortlaut der Vorschrift unter die Definition des § 73 Abs 1 SGB IX aF.

Vorinstanzen:
Sozialgericht Speyer - S 1 AL 172/16, 14.02.2018
Landessozialgericht Rheinland-Pfalz - L 1 AL 20/18, 12.03.2020

Sämtliche Vorschauen zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 7/21.

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Terminbericht

Die Revision des Klägers hatte im Sinne der Aufhebung des Berufungsurteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG Erfolg. Die Feststellungen des LSG reichen nicht aus, um die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Feststellungsbescheids zur Berechnung der Zahl der Pflichtarbeitsplätze für schwerbehinderte Menschen abschließend überprüfen zu können. Zu Recht ist das LSG allerdings davon ausgegangen, dass die dem Kläger zugewiesenen schwerbehinderten Auszubildenden nicht auf diese Pflichtarbeitsplätze anzurechnen sind. Personen, die einer Einrichtung der beruflichen Rehabilitation zugewiesen werden, um eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben zu erhalten, sind nicht auf einem Arbeitsplatz im Sinne von § 73 Abs 1 SGB IX aF (seit 1.1.2018: § 156 SGB IX) beschäftigt. Aus der Gestaltung der rechtlichen und tatsächlichen Beziehungen folgt, dass es an einer Eingliederung im Sinne der gesetzlichen Definition des Arbeitsplatzes fehlt. So bestimmt § 36 Satz 1 SGB IX aF/§ 52 SGB IX zur Rechtsstellung von Teilnehmenden an Leistungen in Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation, dass diese nicht in den Betrieb der Einrichtung eingegliedert werden. Anders als bei rein betrieblichen Ausbildungen vollzieht sich die Ausbildung zugewiesener Teilnehmer in Einrichtungen auch nicht im Rahmen des - im Sinne der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung - arbeitstechnischen Zwecks eines Produktions- oder Dienstleistungsbetriebs, denn sie ist selbst Gegenstand des Betriebszwecks. Zudem würde entgegen der Intention des Gesetzes der beabsichtigte Anreiz, schwerbehinderte Menschen als eigenes Personal einzustellen, in dem Umfang abnehmen, in dem schwerbehinderte Menschen als Maßnahmeteilnehmer zugewiesen werden.

Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird das LSG noch fehlende tatsächliche Feststellungen nachzuholen haben zur Anzahl der vorhandenen Arbeitsplätze, zur sich hieraus ergebenden Pflichtarbeitsplatzzahl und schließlich - unter Berücksichtigung des von dem Kläger zu führenden Verzeichnisses - zur Anrechnung von Beschäftigten auf diese Pflichtarbeitsplätze.

Die Berichte zu dem Verhandlungstermin des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 7/21.

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