Verhandlung B 2 U 3/19 R - ohne mündliche Verhandlung
Unfallversicherungsschutz - privater Bauhelfer - Wie-Beschäftigung - Sonderbeziehung - Freundschaftsbeziehung
Verhandlungstermin
16.03.2021 00:00 Uhr
Terminvorschau
D. ./. BG der Bauwirtschaft, beigeladen: K. W.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob er Kläger bei der Mithilfe bei einem Bauvorhaben unter Unfallversicherungsschutz stand.
Der Kläger half dem Beigeladenen, einem privaten Bauherrn, beim Anbringen von Zierbalken in dessen zukünftigem Esszimmer. Dabei löste sich ein Eisenspan vom Meißel, wodurch der Kläger eine Augenverletzung erlitt. Der Beigeladene hatte das Eigenbauvorhaben und die Beteiligung privater Helfer vorab bei der Beklagten angemeldet. In der Unfallanzeige teilte der Beigeladene mit, der Kläger habe ihm als Freundschaftsdienst beim Anbringen der Zierbalken geholfen. Er und der Kläger würden sich gegenseitig häufig Gefälligkeiten erweisen, wie zB Hilfe bei Renovierungsarbeiten. Zu dem Kläger bestehe seit ca 20 Jahren eine freundschaftliche Beziehung (Freundeskreis, Kolping, Jugendferienlager). Der Kläger habe ihm bis zum Unfall schon ca 36 Stunden bei Trockenbauarbeiten geholfen. Wenn der Unfall nicht eingetreten wäre, wären voraussichtlich noch 10 Stunden Spachtelarbeiten angefallen. Die Beklagte lehnte die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab. Die Tätigkeit habe sich im Rahmen dessen bewegt, was üblicherweise unter engen, seit Jahren verbundenen Freunden als Mithilfe geleistet werde. Mit seiner Klage hat der Kläger die Auffassung vertreten, er sei bei dem Unfall als sogenannter "Wie-Beschäftigter" versichert gewesen. Das SG hat die Klage abgewiesen, das LSG die Berufung zurückgewiesen. Der Kläger sei nicht gemäß § 2 Abs 2 Satz 1 SGB VII als sogenannter "Wie-Beschäftigter" tätig gewesen. Zwar sei die objektivierbare Handlungstendenz des Klägers im Zeitpunkt des Unfalls darauf gerichtet gewesen, wie ein Bauhelfer auf der Baustelle des Beigeladenen untergeordnete Hilfstätigkeiten zu verrichten. Obwohl er damit beschäftigtenähnlich tätig geworden sei, sei der Versicherungsschutz zu verneinen, weil die Verrichtung wegen und im Rahmen einer Sonderbeziehung zum Unternehmer erfolgt sei. Es habe sich um eine selbstverständliche Hilfeleistung aufgrund der jahrelangen Freundschaftsbeziehung zum Beigeladenen gehandelt. Die Motivation des Klägers, dem Beigeladenen zu helfen, habe darin gelegen, die seit 20 Jahren bestehende Freundschaft zu pflegen und das System des gegenseitigen Helfens aufrechtzuerhalten. Auch der Umfang der Hilfeleistung stehe dem nicht entgegen, denn im Rahmen eines engen freundschaftlichen Gemeinschaftsverhältnisses könnten auch Tätigkeiten von erheblichem Umfang und größerer Zeitdauer diesem Gemeinschaftsverhältnis ihr Gepräge geben. Der Kläger selbst und der Beigeladene hätten die Hilfe als selbstverständlich angesehen. Dies entspreche auch der Rechtsprechung des BSG, das Sonderbeziehungen im Rahmen freundschaftlicher Beziehungen schon dann bejaht habe, wenn sich die durchgeführten Arbeiten nicht außerhalb dessen bewegten, was im Rahmen enger Verwandtschafts- oder Freundschaftsbeziehungen selbstverständlich getan oder erwartet werde. So liege der Fall auch hier.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Revision. Er rügt eine Verletzung des § 2 Abs 2 SGB VII.
Vorinstanzen:
Sozialgericht Münster - S 10 U 134/14, 12.01.2017
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 17 U 208/17, 05.12.2018
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Terminbericht
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