Verhandlung B 13 R 20/19 R - ohne mündliche Verhandlung
Rentenversicherung - Nachversicherung - geistliche Genossenschaft - Verjährung
Verhandlungstermin
22.03.2021 00:00 Uhr
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M. ./. Deutsche Rentenversicherung Braunschweig-Hannover, 1 Beigeladene
Streitig ist, ob der RV-Träger den ursprünglich klagenden Insolvenzschuldner, einen Trägerverein einer evangelisch-pfingstlichen Freikirche (im Weiteren DSM), auf Zahlung von Nachversicherungsbeiträgen für die Beigeladene in Anspruch nehmen durfte.
Die DSM unterhielt im streitigen Zeitraum zwischen 1972 und 2013 vier sogenannte Glaubenshäuser in Deutschland, ua das Haus L in B. Die Beigeladene wurde im Februar 1972 mit 18 Jahren in das Glaubenshaus L aufgenommen. In der Folgezeit lebte und arbeitete sie durchgehend in verschiedenen Glaubenshäusern der DSM in Deutschland und im Ausland. Zuletzt war die Beigeladene zwischen Dezember 2006 und Mitte März 2013 als Hausverwalterin/Heimleiterin in einem Glaubenshaus in der Schweiz tätig. Dieses verließ sie unter Erklärung ihres Austritts aus der DSM. Jedenfalls hinsichtlich ihrer Tätigkeit in den Glaubenshäusern in Deutschland waren für die Beigeladene keine Rentenversicherungsbeiträge abgeführt worden. Das zuständige Landesministerium für Arbeit, Gesundheit und Sozialordnung hatte im Juli 1995 nach dem heutigen § 5 Abs 1 Satz 3 SGB VI festgestellt, den satzungsmäßigen Mitgliedern der DSM sei nach den Regeln der Gemeinschaft eine Anwartschaft auf die gemeinschaftsübliche Versorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung sei gesichert. Nachdem die Beigeladene ein Kontenklärungsverfahren angestoßen hatte, forderte der RV-Träger von der DSM Nachversicherungsbeiträge iHv von zuletzt rund 79.000 Euro für die Zeiten zwischen Februar 1972 und November 2006, in denen die Beigeladene in einem inländischen Glaubenshaus gelebt und gearbeitet hatte.
Im dagegen von der DSM angestrengten Klageverfahren hat sich diese erfolglos ua auf Verjährung der Beitragsforderung berufen (SG-Urteil vom 6.4.2018). Die Berufung der DSM hat das LSG zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die DSM sei verpflichtet, die Beiträge zur Durchführung der Nachversicherung der Beigeladenen zu zahlen. Diese sei, nachdem sie bis Mitte März 2013 einen nach § 5 Abs 1 Satz 1 Nr 3 iVm § 1 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB VI bzw unter Geltung der RVO versicherungsfreien Dienst geleistet habe, unversorgt aus der DSM ausgeschieden. Bei der DSM handle es sich um eine geistliche Genossenschaft oder eine ähnliche Gemeinschaft iS von § 8 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB VI, deren satzungsmäßiges Mitglied die Beigeladene bis Mitte März 2013 gewesen sei. Dass die Beigeladene ab Dezember 2006 in einem Glaubenshaus in der Schweiz gelebt und gearbeitet habe, stehe dem nicht entgegen. Sie sei weiterhin in die Gemeinschaft in Deutschland integriert und mit dieser organisatorisch verflochten gewesen. Der gegen die DSM gerichtete Anspruch sei auch nicht verjährt. Die Nachversicherungsbeiträge seien mit dem Ausscheiden der Beigeladenen aus der DSM Mitte März 2013 fällig geworden, so dass bei Erlass des angegriffenen Bescheids die vierjährige Verjährungsfrist des § 25 Abs 1 Satz 1 SGB IV noch nicht abgelaufen gewesen sei. Zudem greife die 30-jährige Verjährungsfrist des § 25 Abs 1 Satz 2 SGB IV, denn die DSM habe zumindest bedingt vorsätzlich die Beiträge nicht rechtzeitig abgeführt (Urteil vom 25.10.2019). Hiergegen hat die DSM die vom LSG zugelassene Revision zum BSG eingelegt.
Im Juni 2020 ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen der DSM eröffnet und der Kläger als Insolvenzverwalter eingesetzt worden. Der RV-Träger hat eine Forderung iHv rund 160.000 Euro zur Insolvenztabelle angemeldet, die sich aus den weiter dynamisierten Nachversicherungsbeiträgen und Säumniszuschlägen zusammensetzt. Der Kläger hat die Forderung bestritten und im November 2020 die Aufnahme des vorliegenden Rechtsstreits erklärt. Er begehrt festzustellen, dass sein Widerspruch gegen die gesamte von dem RV-Träger zur Insolvenztabelle angemeldete Forderung erheblich sei. Materiell-rechtlich sei § 1 Satz 1 Nr 4 SGB VI verletzt. Das LSG habe den Begriff "geistliche Genossenschaft" unzutreffend ausgelegt und die DSM als eine solche angesehen. Es habe unter Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht angenommen, die Beigeladene habe für sie Dienst geleistet, noch dazu bis März 2013.
Vorinstanzen:
Sozialgericht Heilbronn - S 15 R 4080/16, 06.04.2018
Landessozialgericht Baden-Württemberg - L 8 R 1633/18, 25.10.2019
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Langtext der Entscheidung: B 13 R 20/19 R