Bundessozialgericht

Verhandlung B 1 KR 22/20 R

Krankenversicherung - Kostenerstattung - psychotherapeutische Leistungen - Genehmigungsfiktion

Verhandlungstermin 25.03.2021 14:00 Uhr

Terminvorschau

S. G. ./. DAK-Gesundheit
Die Beteiligten streiten über die Kostenerstattung für psychotherapeutische Leistungen.

Die bei der beklagten Krankenkasse versicherte Klägerin beantragte mit vier Schreiben vom selben Tag (15.8.2016) die Kostenübernahme für Leistungen des nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Gestalttherapeuten Dr. phil. J. sowie dreier ebenfalls nicht zugelassener Diplom-Psychologen. Sie verwies darauf, dass sie in großer Zahl vergeblich bei zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Praxen angefragt habe. Die Beklagte lehnte die Anträge ab (Schreiben vom 19.9.2016; Schreiben vom 10.11.2016; Widerspruchsbescheid vom 26.1.2017). Die Klägerin beschaffte sich Leistungen bei Dr. J. (Sitzungen ab dem 6.10.2006 bis Juli 2018, insgesamt 1440 Euro) und parallel dazu umfangreiche Leistungen bei anderen nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Psychotherapeuten (G., B. und H.).

Das SG hat die auf Zahlung von 4406,36 Euro gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom 14.3.2019). Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 17.9.2019): Hinsichtlich der Therapeuten G., B. und H. sei die Klage mangels einer Entscheidung der Beklagten unzulässig. Im Übrigen lägen die Voraussetzungen des § 13 Abs 3 SGB V nicht vor. Die Klägerin sei auf die Behandlung durch den Therapeuten Dr. J. vorfestgelegt gewesen. Ein Anspruch nach § 13 Abs 3a SGB V bestehe nicht. Die Genehmigungsfiktion sei nicht eingetreten. Der Antrag sei nicht hinreichend bestimmt, weil die Klägerin zeitgleich vier verschiedene Therapeuten in den Anträgen vom 15.8.2016 benannt habe. Außerdem habe sie die Leistungen nicht für erforderlich halten dürfen, weil die Anträge außervertragliche Therapeuten betroffen hätten. Deren Leistungen lägen außerhalb des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung. Auch wisse die Klägerin aus früheren Verfahren, dass sie nur Anspruch auf Behandlung durch zugelassene Psychologische Psychotherapeuten habe.

Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung von § 13 Abs 3 und Abs 3a SGB V sowie von § 78 Abs 1 Satz 1 SGG.

Vorinstanzen:
Sozialgericht Hannover - S 76 KR 236/17, 14.03.2019
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen - L 16 KR 240/19, 17.09.2019

Die Vorschau zu dem Verhandlungstermin des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 14/21.

Terminbericht

Die Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg. Die auf Erstattung der Kosten der Behandlung bei mehreren verschiedenen Psychotherapeuten gerichtete Klage ist überwiegend bereits unzulässig, weil es insoweit schon an einem Verwaltungsverfahren und einer Entscheidung der beklagten Krankenkasse fehlte. Soweit es um die fünf beantragten probatorischen Sitzungen durch den Therapeuten Dr. J. ging, ist die Klage zulässig, aber unbegründet. Die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Kostenerstattung aufgrund fingierter Genehmigung nach § 13 Abs 3a Satz 7 SGB V sind nicht erfüllt. Zwar hat die Beklagte den Bescheid, mit dem sie die beantragten fünf probatorischen Sitzungen ablehnte, nicht innerhalb der durch § 13 Abs 3a Satz 1 SGB V vorgegebenen dreiwöchigen Bescheidungsfrist erlassen. Der Kostenerstattungsanspruch scheitert jedoch daran, dass die Klägerin schon vor Ablauf der maßgeblichen Entscheidungsfristen auf die Selbstbeschaffung der beantragten Leistung vorfestgelegt war. Hat ein Versicherter schon vor Eintritt der Genehmigungsfiktion eigenmächtig das Sachleistungsprinzip infolge Vorfestlegung "verlassen", ist der Anwendungsbereich des in § 13 Abs 3a SGB V normierten Systemversagens nicht gegeben (so bereits BSG vom 27.10.2020 - B 1 KR 3/20 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Wegen der Vorfestlegung scheidet auch ein Anspruch wegen rechtswidriger Leistungsablehnung nach § 13 Abs 3 Satz 1 Fall 1 SGB V aus. Die Leistung war nach den vom LSG getroffenen Feststelllungen auch nicht unaufschiebbar iS von § 13 Abs 3 Satz 1 Fall 2 SGB V.

Sämtliche Berichte zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 14/21.

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