Bundessozialgericht

Verhandlung B 6 KA 12/20 R

Vertragsarztrecht - vertragsärztliche Versorgung - Jobsharing-Praxis - Honorarrückforderung - sachlich-rechnerische Berichtigung - Quartalspunktwert

Verhandlungstermin 14.07.2021 12:30 Uhr

Terminvorschau

Berufsausübungsgemeinschaft T. G. und Dr. M. ./. Kassenärztliche Vereinigung Hessen
Die Klägerin wendet sich gegen sachlich-rechnerische Berichtigungen wegen Überschreitung der Jobsharing-Obergrenzen für die Quartale 4/2004 bis 3/2009 (Leistungsjahre 6-10 nach Beginn des Jobsharings). Der Zulassungsausschuss hatte das Gesamtpunktzahlvolumen auf der Grundlage der Aufsatzquartale 4/1997 bis 3/1998 festgesetzt. Ein Antrag der Klägerin auf Anpassung des Gesamtpunktzahlvolumens wegen der Auswirkungen von Änderungen des EBM-Ä blieb erfolglos.

Widerspruch und Klage gegen die Honorarberichtigungsbescheide der KÄV sind erfolglos geblieben. Die Berufung der Klägerin hatte insoweit Erfolg, als das LSG die Berechnung der Rückforderung beanstandete und niedrigere Rückforderungsbeträge festsetzte. Die Beklagte hatte zur Berechnung der Rückforderung die Über- und Unterschreitungen der quartalsbezogenen Obergrenze für jedes Leistungsjahr saldiert und den Saldo mit einem aus den Punktwerten der vier Quartale des Leistungsjahres gebildeten Mischpunktwert multipliziert. Nach der Entscheidung des LSG seien die Über- bzw Unterschreitungen mit dem im jeweiligen Quartal geltenden Punktwert zu multiplizieren und erst die so ermittelten Honorarbeträge je Leistungsjahr zu saldieren.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin ua die Verletzung von § 23f Bedarfsplanungsrichtlinie aF (§ 45 Bedarfsplanungsrichtlinie nF), von § 106a SGB V aF (§ 106d SGB V nF), § 45 SGB X und § 103 SGG. Die Berechnung der Anpassungsfaktoren sei unzutreffend erfolgt, weil belegärztliche Leistungen der Fachgruppe nicht berücksichtigt worden seien, die Beklagte nur die dem RLV unterliegenden Leistungen berücksichtigt habe und die aufgrund der Änderungen des HVM notwendige Transkodierung nicht durchgeführt worden sei. Im Übrigen sei die Honorarberichtigung aus Vertrauensschutzgründen unzulässig, weil die Beklagte die Anpassungsfaktoren nicht mitgeteilt und die sachlich-rechnerische Berichtigung wegen Überschreitung der Jobsharing-Obergrenzen entgegen ihrer Ankündigung im Honorarbescheid nicht unmittelbar im Anschluss an das jeweilige Leistungsjahr vorgenommen habe. Damit sei es der Klägerin nicht möglich gewesen, die Überschreitung der Jobsharing-Obergrenze zu erkennen und sich darauf einzurichten.

Vorinstanzen:
Sozialgericht Marburg - S 12 KA 300/16, 06.09.2017
Hessisches Landessozialgericht - L 4 KA 48/17, 27.05.2020

Sämtliche Vorschauen zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 28/21.

Terminbericht

Die Revision der klagenden BAG hat keinen Erfolg.

Das LSG hat mit zutreffender Begründung entschieden, dass die Honorarbescheide wegen der Nichtbeachtung der vom Zulassungsausschuss festgesetzten Obergrenzen des Jobsharings sachlich-rechnerisch zu berichtigen und Honorarzahlungen oberhalb der Obergrenze zurückzufordern sind. Die beklagte KÄV ist an die Festsetzung der Obergrenze des Wachstums der Praxis durch die Zulassungsgremien gebunden und hat dieser Bindung korrekt Rechnung getragen.

Die maßgeblichen Anpassungsfaktoren hat die Beklagte zutreffend ermittelt. Die Einbeziehung der belegärztlichen Leistungen in die Ermittlung der Abrechnungswerte der Fachgruppe war nicht geboten, weil die Allgemeinärzte, die nicht belegärztlich tätig sind, die für die Klägerin maßgebliche Fachgruppe bilden. Auch einer Berücksichtigung von Änderungen des EBM-Ä zum 1.4.2005 und zum 1.1.2008 im Wege der von der Klägerin begehrten Transkodierung bedurfte es nicht.

Vertrauensschutz stand den sachlich-rechnerischen Berichtigungen nicht entgegen. Die Frist für den Erlass der Berichtigungsbescheide hat die Beklagte gewahrt und auch zu keinem Zeitpunkt bei der Klägerin den Eindruck erweckt, sie müsse nicht mehr mit einer Korrektur rechnen. Vertrauensschutz ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die Beklagte die Anpassungsfaktoren erst mit den Berichtigungsbescheiden mitgeteilt hat. Der Klägerin musste bewusst gewesen sein, wie deutlich sie jeweils die mit dem Jobsharing verbundenen Obergrenzen überschritten hatte.

Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass er auch die Auffassung des LSG für richtig hält, dass die Rückforderung durch Multiplikation der für das jeweilige Quartal ermittelten Überschreitung der Obergrenze in Punkten mit dem jeweiligen Quartalspunktwert zu berechnen ist. Die Bildung eines Mischpunktwertes bezogen auf jeweils ein Jahr, wie sie die Beklagte ursprünglich für richtig gehalten hat, wird dem Quartalsbezug der vertragsärztlichen Abrechnung nicht gerecht.

Sämtliche Berichte zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 28/21.

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