Bundessozialgericht

Verhandlung B 8 SO 13/19 R

Sozialhilfe - Unterkunfts- und Heizkosten - Angemessenheit - älterer Mensch

Verhandlungstermin 02.09.2021 10:00 Uhr

Terminvorschau

R.G. und C.G. ./. Land Berlin
Die 1938 und 1944 geborenen Kläger bewohnen seit 1974 eine Zweieinhalb-Zimmer-Wohnung in Berlin-Frohnau, die bis 2005 in ihrem Eigentum stand und die ihnen seitdem vom Lebensgefährten ihrer Tochter vermietet wird. Anstelle der tatsächlichen Bruttowarmmiete (840 Euro) berücksichtigte der Beklagte für den Zeitraum von Dezember 2011 bis Mai 2013 nur Kosten der Unterkunft und Heizung in der von ihm als angemessen erachteten Höhe (monatlich zunächst 483 Euro, später 536,80 Euro). Während das SG die Klage abgewiesen hat, hat das LSG den Beklagten verurteilt, an die Kläger ungekürzte Kosten der Unterkunft und Heizung zu zahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Beklagte verfüge über kein schlüssiges Konzept zur Ermittlung der abstrakt angemessenen Bruttokaltmiete. Eine Aufforderung zur Nachbesserung komme nicht in Betracht. Die gerichtliche Ermittlung der abstrakt angemessenen Bruttokaltmiete sei nicht möglich. Sowohl Mietspiegel als auch das Wohngeldgesetz berücksichtigten nicht die besonderen Bedarfe älterer Menschen, obwohl diese im Hinblick auf § 35a SGB XII bei der Ermittlung der Angemessenheitsgrenzen zu berücksichtigen seien. Bezüglich der Heizkosten sei bei älteren Menschen ein erhöhter Wärmebedarf zu berücksichtigen, weil diese sich länger in ihrer Wohnung aufhielten. Eine Überschreitung des Grenzwerts des Heizkostenspiegels um weniger als 20 % sei daher noch angemessen.

Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Revision.

Vorinstanzen:
Sozialgericht Berlin - S 50 SO 825/12, 31.03.2014
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg - L 15 SO 142/14, 17.10.2019

Sämtliche Vorschauen zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 34/21.

Terminbericht

Der Senat hat das Urteil des LSG aufgehoben und die Sache zurückverwiesen. Es fehlen schon Feststellungen zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Kläger und dazu, ob tatsächlich Unterkunftskosten in der beanspruchten Höhe durch die Nutzung der Wohnung entstehen. Soweit solche Kosten entstehen, hat das LSG dem Beklagten zu Unrecht keine Gelegenheit zur nachträglichen Erstellung eines schlüssigen Konzepts zur Ermittlung der abstrakt angemessenen Bruttokaltmiete gegeben. Sollte der Beklagte nach Zurückverweisung an das LSG kein schlüssiges Konzept vorlegen, wird das LSG unter Heranziehung von Hilfskriterien (insbesondere qualifizierter Mietspiegel, Tabellenwerte des Wohngeldgesetzes mit Sicherheitszuschlag) selbst die abstrakt angemessene Bruttokaltmiete zu bestimmen haben. Die besonderen Bedarfe älterer Menschen sind entgegen der Auffassung des LSG erst bei der konkreten Angemessenheit zu berücksichtigen. § 35a Satz 1 SGB XII, der sich nur auf Satzungen bezieht, steht dem nicht entgegen. Ausgehend von den bisherigen Feststellungen des LSG stellt sich die Bruttokaltmiete auch nicht als konkret angemessen dar. Dass die Kläger ihre Wohnung seit 1974 bewohnen, die Wohnung auf dem Hausgrundstück des klägerischen Elternhauses liegt und die Tochter der Kläger ebenfalls dort wohnt, löst noch keine Unzumutbarkeit einer Kostensenkung im Einzelfall aus. Auch bezüglich der Angemessenheit der Heizkosten fehlen einzelfallbezogene Feststellungen. Für eine pauschale Erhöhung der angemessenen Heizkosten allein wegen Alters lässt sich dem Gesetz nichts entnehmen.

Die Berichte zu dem Verhandlungstermin des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 34/21.

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