Bundessozialgericht

Verhandlung B 9 V 2/20 R

Soziales Entschädigungsrecht - Berufsschadensausgleich - Vergleichseinkommen - Durchschnittseinkommen - Besoldungsanpassung

Verhandlungstermin 16.12.2021 12:00 Uhr

Terminvorschau

W. ./.  Landschaftsverband Westfalen-Lippe
Der Kläger ist Landesbeamter (Besoldungsgruppe A 13) und bezieht seit mehreren Jahren Versorgungsleistungen wegen eines Impfschadens. Nachdem er schädigungsbedingt seine wöchentliche Arbeitszeit reduziert hatte, bewilligte der Beklagte ihm ab Mai 2015 Berufsschadensausgleich (BSchA). Den Antrag des Klägers, das dem BSchA zugrunde liegende Vergleichseinkommen an die rückwirkend zum März 2016 erfolgte Erhöhung der Bundesbeamtenbesoldung durch das Bundesbesoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetz 2016/2017 (BBVAnpG 2016/2017) anzupassen, lehnte der Beklagte ab. Vielmehr berücksichtigte er das höhere Einkommen des Klägers, das aus der Übernahme der Besoldungserhöhung im Land resultierte, verminderte den BSchA für den Zeitraum April bis Juni 2017 entsprechend und forderte die Erstattung des überzahlten Betrags.

Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 30.11.2018). Auf die Berufung des Klägers hat das LSG den Beklagten verurteilt, dem Kläger für die Zeit von März 2016 bis Juni 2017 höheren BSchA mit einem Vergleichseinkommen unter Berücksichtigung der durch das BBVAnpG 2016/2017 erfolgten Besoldungsanpassungen zu zahlen. Entgegen den gesetzlichen Vorgaben sei das im Streitfall anzusetzende Vergleichseinkommen vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales nicht im Bundesanzeiger veröffentlicht worden. Daher habe der Beklagte das maßgebende Vergleichseinkommen eigenständig unter Einbeziehung der Besoldungsanpassungen nach dem BBVAnpG 2016/2017 zu errechnen (Urteil vom 10.6.2020).

Mit seiner Revision rügt der Beklagte eine Verletzung des § 30 Abs 5 BVG. Das LSG verkenne die Grundsätze der Ermittlung des Vergleichseinkommens. Diese sähen eine Anpassung des Vergleichseinkommens jeweils nur zum 1.7. eines Jahres und unter Zugrundelegung nicht der aktuellen Beamtenbesoldung, sondern der Durchschnittsbesoldung vorausgegangener Kalenderjahre vor.

Vorinstanzen:
Sozialgericht Koblenz - S 10 VJ 8/17, 30.11.2018
Landessozialgericht Rheinland-Pfalz - L 4 VJ 1/19, 10.6.2020

Die Vorschau zu dem Verhandlungstermin des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 45/21.

Terminbericht

Die Revision des Beklagten war erfolgreich. Der Kläger hat keinen Anspruch auf einen höheren Berufsschadensausgleich (BSchA) für den Zeitraum von März 2016 bis Juni 2017 durch Anpassung des Vergleichseinkommens an die Erhöhungen der Beamtenbesoldung nach dem BBVAnpG 2016/2017. Das im Streitfall anzusetzende Vergleichseinkommen war vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales nicht im Bundesanzeiger bekannt gegeben worden. Folge ist, dass der Beklagte das Vergleichseinkommen nach Maßgabe der Berechnungsvorgaben des § 30 Abs 5 Satz 2 bis 5 BVG eigenständig festzustellen hat. Ausgangspunkt hierfür ist aber nicht die jeweils aktuelle Beamtenbesoldung. Vielmehr fließen Besoldungsänderungen erst zum 1.7. eines Jahres in Form einer Durchschnittsberechnung aus den vorletzten drei der Anpassung (hier: ab 1.7.2016) vorangegangenen Kalenderjahren (hier: 2012 bis 2014) in die Berechnung des Vergleichseinkommens ein. Danach waren die Besoldungserhöhungen durch das BBVAnpG 2016/2017 im streitbefangenen Zeitraum beim Vergleichseinkommen des Klägers noch nicht zu berücksichtigen. Verfassungsrechtliche Bedenken hiergegen bestehen nicht. Dem BSchA liegt seit jeher ein generalisierter und pauschalierter Schadensausgleich zugrunde. Dies beinhaltet, dass auch im Rahmen der Ermittlung des vom BSchA abgedeckten Einkommensverlustes nicht jede Besoldungserhöhung sofort auf das Vergleichseinkommen zu übertragen ist.

Die Berichte zu dem Verhandlungstermin des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 45/21.

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