Bundessozialgericht

Verhandlung B 6 KA 8/21 R

Vertragsarztrecht - vertragsärztliche Versorgung - Simultaneingriff - Zuschlagsberechnung - Überschreitung - Schnitt-Naht-Zeit

Verhandlungstermin 26.01.2022 12:30 Uhr

Terminvorschau

Überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft GbR MVZ B. ./. Kassenärztliche Vereinigung Bayerns, beigeladen: AOK Bayern - Die Gesundheitskasse
Im Streit steht die Rechtmäßigkeit einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung von Leistungen, die das von der Klägerin betriebene Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) bei Simultaneingriffen neben Haupteingriffen der Kategorie E7 (Arthroskopische Eingriffe mit kalkulatorischer Schnitt-Naht-Zeit ab 120 Minuten) erbracht hat. Für das Quartal 2/2013 berichtigte die beklagte KÄV die Honorarabrechnung der Klägerin hinsichtlich der Gebührenordnungspositionen (GOP) 31148 und 31828 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä). Die Zuschläge nach diesen GOP könnten bei Operationen der Kategorie 7, wie sie hier erfolgt seien, erst berechnet werden, wenn die jeweilige Schnitt-Naht-Zeit der Eingriffe über 120 Minuten hinausginge. In den betreffenden Fällen seien in den OP- und Narkoseprotokollen jeweils Gesamt-Schnitt-Naht-Zeiten von unter 120 Minuten dokumentiert, so dass die Voraussetzungen für die Abrechnung der Zuschläge nach den GOP 31148 und 31828 nicht erfüllt seien.

Das SG hat die Beklagte zur Nachvergütung der abgesetzten Leistungen verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Voraussetzungen für die Abrechnung der Zuschläge nach den streitigen GOP seien nicht erfüllt. Denn maßgeblich sei auch bei simultan durchgeführten Eingriffen neben einem Haupteingriff der Kategorie 7 die Überschreitung einer Schnitt-Naht-Zeit von 120 Minuten. Dies folge aus Nr 4 der Präambel 2.1 zu Anhang 2 EBM-Ä. Entgegen der Auffassung der Klägerin finde Nr 3 iVm Nr 15 der Präambel 2.1 zu Anhang 2 EBM-Ä nur bei Simultaneingriffen im Zusammenhang mit Haupteingriffen der Kategorien 1 bis 6 - also bei einer kalkulatorischen Schnitt-Naht-Zeit von 15 bis 120 Minuten - Anwendung. Hierfür spreche der Wortlaut der einschlägigen Vergütungsbestimmungen, welcher für die Auslegung der Vorschrift maßgeblich sei.

Zur Begründung ihrer Revision macht die Klägerin geltend, das LSG sei fehlerhaft davon ausgegangen, dass Nr 4 der Präambel 2.1 zu Anhang 2 EBM-Ä hier Anwendung finde. Diese Regelung bezieht sich allein auf Operationen der Kategorie 7, die als Einzeleingriff und nicht - wie hier - als Simultaneingriff durchgeführt würden. Einschlägig sei in der vorliegenden Konstellation vielmehr Nr 3 iVm Nr 15 der Präambel. Nr 3 der Präambel fordere lediglich das Vorliegen eines Simultaneingriffes, so dass auch ein Simultaneingriff, der neben einem Haupteingriff der Kategorie 7 ausgeführt werde, unter diese Regelung falle. Dementsprechend sei für die Berechnung der Zuschlagspositionen der GOP 31148 und 31828 nach Nr 15 der Präambel allein die Überschreitung der tatsächlichen Schnitt-Naht-Zeit des jeweiligen Haupteingriffes maßgeblich. Im Übrigen sei die Befugnis zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung hier aus Vertrauensschutzgründen eingeschränkt. Denn die Beklagte habe bei gleichgelagertem Sachverhalt eine begonnene Plausibilitätsprüfung für die Quartale 1/2016 bis 4/2016 beendet und Vertrauensschutz anerkannt.

Vorinstanzen:
Sozialgericht München - S 43 KA 433/16, 18.12.2018
Bayerisches Landessozialgericht - L 12 KA 11/19, 21.04.2021

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Terminbericht

Die Revision der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Zu Recht hat das LSG auf Berufung der beklagten KÄV das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Beklagte hat die Honorarabrechnung des von der Klägerin betriebenen MVZ zutreffend um die streitigen Zuschlagsziffern nach den Gebührenordnungspositionen (GOP) 31148 und 31828 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) berichtigt. Die Voraussetzungen für die Abrechnung der Zuschläge nach diesen GOP sind nicht erfüllt.

Mit den Zuschlägen nach den GOP 31148 und 31828 werden in den dort geregelten Konstellationen Schnitt-Naht-Zeiten für jeweils weitere vollendete 15 Minuten bzw für die entsprechende Fortsetzung der Narkose vergütet. Dabei gelten abhängig von der Kategorie des jeweiligen Haupteingriffes für die Abrechenbarkeit von Simultaneingriffen unterschiedliche Voraussetzungen. Bei Haupteingriffen der Kategorien 1 bis 6 (kalkulierte Schnitt-Naht-Zeiten von 15 bis 120 Minuten) findet für die Berechnung der Zuschläge Nr 3 iVm Nr 15 Präambel 2.1 zu Anhang 2 EBM-Ä Anwendung. Bei Haupteingriffen der Kategorie 7 (kalkulierte Schnitt-Naht-Zeit über 120 Minuten) - wie sie hier erfolgt sind - ist dagegen Nr 4 dieser Präambel einschlägig. Danach ist auch bei einem simultan durchgeführten Eingriff neben einem Haupteingriff der Kategorie 7 für die Berechnung der Zuschläge die Überschreitung einer Schnitt-Naht-Zeit von 120 Minuten um mindestens weitere 15 Minuten erforderlich. Diese Voraussetzungen werden hier nicht erreicht.

Die Befugnis der Beklagten zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung war auch nicht durch Vertrauensschutzgesichtspunkte eingeschränkt. Einschlägige Auskünfte und Schreiben der Beklagten, auf die sich die Klägerin in diesem Zusammenhang beruft, sind zeitlich nach Erbringung der Leistungen erfolgt und haben keinen konkreten Bezug zu dem Quartal 2/2013. Eine vorbehaltlose Bestätigung der hier streitigen Honorarabrechnung durch die Beklagte liegt hierin nicht.

Sämtliche Berichte zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 1/22.

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