Verhandlung B 8 SO 14/20 R
Sozialhilfe - Wohnung - Erstausstattung - Wiederbeschaffung - Erkrankung
Verhandlungstermin
16.02.2022 13:30 Uhr
Terminvorschau
V.B. ./. Stadt Freiburg
Die Klägerin leidet an paranoider Schizophrenie mit Denkstörungen, Wahn- und halluzinatorischen Vorstellungen; Anfang 2016 entwickelte sie im Zuge eines akuten Krankheitsschubs die Vorstellung, ihre Wohnung mit ihrem Hausrat und den Möbeln seien “vergiftet“ und “verflucht“, und entsorgte weite Teile der bis dahin noch funktionsfähigen Wohnungseinrichtung. Das SG hat die Beklagte verurteilt, der Klägerin eine Beihilfe für die Erstausstattung in Höhe von 771 Euro zu gewähren. Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, eine Wohnungserstausstattung sei auch dann zu gewähren, wenn die bisherige Einrichtung aufgrund eines zeitlich eingrenzbaren außergewöhnlichen Umstandes - hier der akute Krankheitsschub Anfang 2016 - unvorhergesehen untergehe, der Grund für den Untergang außerhalb eines Abnutzungsverhaltens liege und eine Ansparung zur Abdeckung des besonderen Bedarfsfalls daher nicht möglich gewesen sei.
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte, nach der Rechtsprechung des 4. Senats des BSG sei die Wiederbeschaffung hier einer Erstausstattung nicht gleichzusetzen, weil der Bedarf nicht auf besonderen, “von außen“ einwirkenden Umständen, sondern auf der Erkrankung der Klägerin, einem “von innen“ wirkenden Ereignis, beruhe.
Vorinstanzen:
Sozialgericht Freiburg - S 7 SO 1522/18, 23.07.2018
Landessozialgericht Baden-Württemberg- L 7 SO 3313/18, 09.07.2020
Sämtliche Vorschauen zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 5/22.
Terminbericht
Der Senat hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen. Leistungen für Wohnungserstausstattung können nach der bisherigen Rechtsprechung des BSG auch für eine Ersatzbeschaffung gewährt werden, wenn nach dem Verlust der bisherigen Wohnungseinrichtung aufgrund außergewöhnlicher Umstände eine erheblich vom durchschnittlichen Bedarf abweichende, spezielle Bedarfslage entsteht. Ein solcher Fall lag hier infolge des akuten Krankheitsschubs vor, auch wenn die Krankheit ein personenbezogener Umstand ist. Mit der Formulierung des "von außen" einwirkenden außergewöhnlichen Umstands hat das BSG lediglich die Abgrenzung zu einem Abnutzungsverhalten über einen längeren Zeitraum und dem dadurch entstehenden Ersetzungsbedarf verdeutlicht.
Sämtliche Berichte zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 5/22.