Bundessozialgericht

Verhandlung B 1 KR 30/20 R - ohne mündliche Verhandlung

Krankenversicherung - obligatorische Anschlussversicherung - rückwirkende Leistungsbewilligung - Asylbewerberleistungsgesetz

Verhandlungstermin 10.03.2022 00:00 Uhr

Terminvorschau

K.-Stiftung ./. AOK Rheinland-Pfalz/Saarland - Die Gesundheitskasse, beigeladen: Stadt Ludwigshafen
Die Beteiligten streiten über die Vergütung zweier Krankenhausbehandlungen.

Der in Deutschland geborene, geschiedene, ausreisepflichtige türkische Staatsangehörige S. (im Folgenden: der Patient) hielt sich zuletzt geduldet im Bundesgebiet auf. Er übte dort seit 8.11.1994 verschiedene versicherungspflichtige Beschäftigungen aus und bezog auch SGB II-Leistungen. Zuletzt war er aufgrund eines vom 5.9. bis 16.12.2016 bestehenden Beschäftigungsverhältnisses bei der beklagten Krankenkasse (KK) pflichtversichert. Er beantragte am 16.12.2016 Leistungen nach dem SGB II. Das zuständige Jobcenter lehnte Leistungen wegen des aufenthaltsrechtlichen Status des Patienten am 1.2.2017 ab. Die beigeladene Stadt Ludwigshafen bewilligte ihm mit Bescheid vom 6.4.2017 rückwirkend ab Dezember 2016 laufende Geldleistungen zum Lebensunterhalt nach dem AsylbLG. Das klagende Krankenhaus behandelte den Patienten dort vom 10.4. bis 13.4.2017 (10:54 Uhr) und vom 13.4. (13:15 Uhr) bis 27.4.2017 wegen einer Suchterkrankung mit Alkoholintoxikation stationär. Es stellte der KK hierfür 871,52 Euro und 3718,98 Euro vergeblich in Rechnung. Das SG hat die KK zur Zahlung von 4590,50 Euro nebst Zinsen verurteilt. Das LSG hat die Berufung der KK zurückgewiesen: Die KK schulde dem Krankenhaus die Begleichung der dem Grunde und der Höhe nach unstreitigen Forderung. Der Patient sei nach dem 16.12.2016 und auch während der beiden Krankenhausbehandlungen bei der KK als freiwilliges Mitglied aufgrund der obligatorischen Anschlussversicherung nach § 188 Abs 4 SGB V versichert gewesen. Diese sei gegenüber der Auffangversicherung nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V vorrangig. Keine, auch keine entsprechende Anwendung fänden die Ausschlusstatbestände nach § 5 Abs 8a und Abs 11 SGB V. Die Ausnahmeregelung des § 188 Abs 4 Satz 3 SGB V greife nicht ein. Zwar habe - aufgrund der rückwirkenden Bewilligung von Leistungen nach dem AsylbLG - ein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall bestanden, jedoch nicht - wie von § 188 Abs 4 Satz 3 SGB V gefordert - im Anschluss an den für einen Monat nachwirkenden Versicherungsschutz nach § 19 Abs 2 SGB V. Ein solcher Anschluss bestehe nur dann, wenn aufgrund einer Prognose davon auszugehen sei, dass nach Ablauf des Monats eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall bestehen werde. Diese Prognose sei hier nicht möglich gewesen, zumal § 188 Abs 4 Satz 3 SGB V sogar den Nachweis des anderweitigen Anspruchs auf Absicherung im Krankheitsfall fordere. Auch hätten weder der Patient noch der AsylbLG-Träger die verspätete Klärung des anderweitigen Anspruchs bewusst herbeigeführt.

Die KK rügt mit ihrer Revision sinngemäß die Verletzung von § 5 Abs 8a und Abs 11 sowie § 188 Abs 4 SGB V. § 5 Abs 8a SGB V sei entsprechend anzuwenden. Auch komme es auf den Zeitpunkt des Nachweises der anderweitigen Absicherung nicht an.

Vorinstanzen:
Sozialgericht Speyer - S 7 KR 396/17, 06.05.2019
Landessozialgericht Rheinland-Pfalz - L 5 KR 101/19, 09.07.2020

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Terminbericht

Urteile, die ohne mündliche Verhandlung ergehen, werden nicht in der Sitzung verkündet. Sofern die Ergebnisse von allgemeinem Interesse sind, erscheint ein Nachtrag zum Terminbericht nach Zustellung der Urteile an die Beteiligten.

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