Bundessozialgericht

Verhandlung B 12 KR 1/20 R

Sozialversicherungspflicht - Sozialversicherungsfreiheit - Gesellschafter-Geschäftsführer - GmbH - selbstständige Tätigkeit - Statusfeststellungsbescheid - Aufhebung - Mitteilungspflicht

Verhandlungstermin 29.03.2022 13:15 Uhr

Terminvorschau

R. GmbH ./. DRV Bund, beigeladen: 1. K. H., 2. Techniker Krankenkasse, 3. Techniker Krankenkasse Pflegeversicherung, 4. DRV Berlin-Brandenburg
Der Beigeladene zu 1. ist Geschäftsführer der klagenden GmbH und war ursprünglich als Gesellschafter zu 40 Prozent an deren Stammkapital beteiligt. Gesellschafterbeschlüsse der Klägerin bedürfen einer Mehrheit von 70 vH der Stimmen. Die Beklagte stellte auf den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 2.11.2010 zum "versicherungsrechtlichen Status" fest, dass der Beigeladene seit dem 1.4.2010 eine selbstständige Tätigkeit ausübe. Sie bat die Klägerin, Änderungen mitzuteilen. Durch eine am 8.12.2012 beschlossene und am 4.1.2013 in das Handelsregister eingetragene Erhöhung des Stammkapitals sank die Kapitalbeteiligung des Beigeladenen auf 20,41 vH. Nachdem die Beklagte hiervon im Jahr 2016 Kenntnis erlangt hatte, hob sie den Statusfeststellungsbescheid mit Wirkung ab 8.12.2012 auf. Das SG hat die Klage abgewiesen. Das LSG hat das Urteil des SG geändert und den Aufhebungsbescheid der Beklagten aufgehoben, soweit er die Zeit vom 8.12.2012 bis zum 22.3.2017 betrifft. Zwar sei der Beigeladene ab dem 8.12.2012 mangels Sperrminorität nicht mehr selbstständig tätig gewesen und mit der Kapitalerhöhung eine wesentliche Änderung der Verhältnisse eingetreten. Die Beklagte habe die Statusfeststellung als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aber nur für die Zukunft aufheben dürfen. Eine Mitteilungspflicht der Klägerin im Sinn des § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB X habe hinsichtlich der veränderten Kapitalbeteiligungsverhältnisse nicht bestanden.

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung des § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB X. Die Klägerin habe die sich aus § 28a Abs 1 Satz 1 SGB IV ergebende Mitteilungspflicht grob fahrlässig verletzt.

Vorinstanzen:
Sozialgericht Berlin - S 36 KR 1336/17, 24.08.2018
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg - L 1 BA 101/18, 14.11.2019

Sämtliche Vorschauen zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 12/22.

Terminbericht

Nach der teilweisen Rücknahme der Revision war nur noch über die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung für die Zeit vom 4.1.2013 bis zum 22.3.2017 zu entscheiden. Insoweit hat die Revision Erfolg gehabt. Der die Versicherungspflicht ablehnende Verwaltungsakt vom 2.11.2010 ist zutreffend nach § 48 Abs 1 Satz 1 und 2 Nr 2 SGB X aufgehoben worden. Bei einem Statusfeststellungsbescheid handelt es sich wegen seines Regelungsgegenstands sowie dem Zweck des Statusfeststellungsverfahrens um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Die erforderliche wesentliche Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen trat mit der Eintragung der Erhöhung des Stammkapitals der klagenden GmbH in das Handelsregister ein, die zum Wegfall der zunächst eingeräumten Sperrminorität und damit zur abhängigen Beschäftigung führte. Zwar fehlt es an einer unmittelbaren Regelung über die Pflicht zur Mitteilung nach Erlass eines Statusfeststellungsbescheids eingetretener wesentlicher Änderungen. Diese Pflicht ergibt sich aber aus der entsprechenden Anwendung des § 60 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB I iVm § 28a Abs 1 SGB IV. Arbeitgebern sind nach dem gesetzgeberischen Konzept im Zusammenhang mit einer Beschäftigung Melde- und Beitragszahlungspflichten auferlegt. Sie tragen das Risiko fehlerhafter Einschätzung eines Auftragsverhältnisses. Dem entspricht die Pflicht, den für die Statusfeststellung zuständigen Träger in die Lage zu versetzen, das Vorliegen der Voraussetzungen für die getroffene Statusentscheidung und die damit verbundene Entlastung des Arbeitgebers vom Risiko der Beitragstragung auch nach deren Erlass zu überprüfen. Ihrer Mittteilungspflicht ist die Klägerin jedenfalls grob fahrlässig nicht nachgekommen. Angesichts der im Bescheid vom 2.11.2010 dargelegten Bedeutung der Sperrminorität für die Ablehnung der Versicherungspflicht musste sich der Klägerin die Maßgeblichkeit der die Sperrminorität ausschließenden Stammkapitalerhöhung aufdrängen.

Sämtliche Berichte zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 12/22.

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