Bundessozialgericht

Verhandlung B 12 KR 5/20 R

Sozialversicherungsbeiträge - Haftung - früherer Gesellschafter - aufgelöste Gesellschaft bürgerlichen Rechts - Haftungsbescheid

Verhandlungstermin 28.06.2022 14:45 Uhr

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R. A. ./. AOK - Die Gesundheitskasse in Hessen
Die Klägerin war (Mit-)Gesellschafterin einer zwischenzeitlich aufgelösten Außengesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die für die von ihr als selbstständige Handelsvertreter geführten Personen keine Sozialversicherungsbeiträge abgeführt hatte. Die DRV Bund forderte mit Betriebsprüfungsbescheid von der GbR Sozialversicherungsbeiträge und Säumniszuschläge in Höhe von 1 196 600,94 Euro nach. Die Beklagte als zuständige Einzugsstelle nahm anschließend ua die Klägerin als persönlich haftende Gesellschafterin der GbR für Beiträge, Säumniszuschläge und Mahngebühren iHv insgesamt 121 832,86 Euro in Haftung. Das SG hat den Haftungsbescheid aufgehoben, das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Für den Erlass des streitgegenständlichen Haftungsbescheides fehle es an der erforderlichen, dem Gebot der Normenklarheit entsprechenden Rechtsgrundlage. Darüber hinaus habe die Beklagte bei der Auswahl und Inanspruchnahme der Klägerin kein Ermessen ausgeübt.

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung von §§ 28d, 28e und 28h SGB IV sowie § 128 HGB. Aus diesen Vorschriften folge, dass neben der GbR auch die Klägerin als persönlich haftende Gesellschafterin der aufgelösten GbR durch Verwaltungsakt in Anspruch genommen werden könne.

Vorinstanzen:
Sozialgericht Landshut - S 6 KR 391/16, 05.09.2018
Landessozialgericht Bayern - L 5 KR 460/18, 17.12.2019

Sämtliche Vorschauen zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 25/22.

Terminbericht

Die Revision der Beklagten hat im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung an das LSG Erfolg gehabt. Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, ob der angegriffene Verwaltungsakt, mit dem die Beklagte die Klägerin als Gesellschafterin der aufgelösten Außen-GbR für eine dieser gegenüber bestehenden Beitragsforderung in Haftung genommen hat, rechtmäßig ist. Die Beklagte war berechtigt, den streitigen Haftungsverwaltungsakt zu erlassen. Obwohl sich die Haftung der Klägerin aus der bürgerlich-rechtlichen Vorschrift des § 128 HGB analog ergibt, ist das zwischen der Klägerin und Beklagten bestehende Rechtsverhältnis aufgrund der dem Haftungsbescheid zugrunde liegenden öffentlich-rechtlichen Beitragsforderung insgesamt öffentlich-rechtlicher Natur. Rechtsgrundlage für den Erlass des Haftungsverwaltungsaktes ist § 28h Abs 1 Satz 3 iVm § 28h Abs 2 Satz 1 und § 28e Abs 1 Satz 1 Alt 1 SGB IV. Die danach nicht ausdrücklich geregelte Befugnis zum Erlass eines Haftungsverwaltungsaktes ergibt sich aus der Systematik der genannten Normen sowie der Eigenart des zwischen der Klägerin und der Beklagten bestehenden Rechtsverhältnisses. Der angegriffene Haftungsverwaltungsakt war des Weiteren nicht wegen fehlender erkennbarer Ermessensbetätigung durch die Beklagte rechtswidrig. Denn aufgrund des Umstandes, dass die Klägerin gemäß § 266a StGB wegen einer vorsätzlichen Straftet verurteilt worden war, bedurfte es keiner gesonderten Begründung für ihre Inanspruchnahme. Der Senat kann auf Grundlage der bisherigen Feststellung allerdings nicht darüber entscheiden, ob die weiteren Voraussetzungen für den Erlass des Haftungsverwaltungsaktes - das Bestehen der zugrunde liegenden Beitragsforderung sowie die Durchsetzbarkeit der Haftung der Klägerin für diese - vorlagen.

Sämtliche Berichte zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 25/22.

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