Bundessozialgericht

Verhandlung B 5 R 21/21 R

Rentenversicherung - Rentenbescheid - Begründung - Kostenerstattung - Vorverfahren

Verhandlungstermin 06.07.2022 10:30 Uhr

Terminvorschau

E. K. ./. DRV Bund
Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten für ein isoliertes Vorverfahren und mittelbar darüber, ob die Beklagte den der Klägerin erteilten Rentenbescheid ausreichend begründet hat.

Aufgrund einer im Jahr 2018 von den Rentenversicherungsträgern veranlassten generellen Neugestaltung der Rentenbescheide war in dem Altersrentenbescheid der Klägerin die Ermittlung der Entgeltpunkte aus Beitragszeiten, aus beitragsfreien und beitragsgeminderten Zeiten sowie aus einem durchgeführten Versorgungsausgleich nicht mehr im Einzelnen dargestellt. Auf den Widerspruch der von einem Rentenberater vertretenen Klägerin übersandte die Beklagte zusätzliche Unterlagen. Daraufhin erklärte die Klägerin den Widerspruch für erledigt. Die Erstattung der Kosten für das Vorverfahren lehnte die Beklagte ab. Das SG hat der Klage stattgegeben. Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Die Beklagte sei zur Kostenerstattung verpflichtet, weil der Widerspruch bis zur Nachreichung der Unterlagen aufgrund eines Begründungsmangels Erfolg gehabt hätte (§ 63 Abs 1 Satz 2 SGB X). Ohne diese Unterlagen habe die Klägerin nicht erkennen können, ob die Beklagte die Entgeltpunkte korrekt ermittelt hatte. 

Mit ihrer Revision macht die Beklagte geltend, sie habe den Bescheid ordnungsgemäß begründet. Jedenfalls hätte ein Begründungsfehler mangels Auswirkung auf das Entscheidungsergebnis keine Aufhebung des Rentenbescheides erlaubt (§ 42 Satz 1 SGB X).

Vorinstanzen:
Sozialgericht Aachen - S 7 R 608/19, 09.03.2020
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 18 R 306/20, 09.03.2021

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Terminbericht

Die Revision der Beklagten war erfolgreich. Der Senat hat die vorinstanzlichen Entscheidungen aufgehoben und die Klage auf Erstattung von Kosten des Vorverfahrens abgewiesen.

Die Klägerin kann nach § 63 Abs 1 Satz 2 SGB X keine Kostenerstattung beanspruchen. Die Vorinstanzen sind zwar im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die der Klägerin erteilten Rentenbescheide nicht in allen Punkten die nach § 35 Abs 1 SGB X erforderliche Begründung enthielten. Nach dieser Vorschrift muss die Behörde in der Begründung von sich aus die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte mitteilen, die sie zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Das muss so geschehen, dass dem Betroffenen eine sachgerechte Wahrnehmung seiner Rechte möglich ist. Mit dem als Anlage zum Rentenbescheid beigefügten Versicherungsverlauf sowie den Erläuterungen zur Berechnung der Entgeltpunkte hat die Beklagte ihre Begründungspflicht hinsichtlich der Bewertung der Beitragszeiten erfüllt. Unzureichend war jedoch die Begründung in Bezug auf die Bewertung von beitragsfreien und beitragsgeminderten Zeiten. Mit dem bloßen Hinweis, Entgeltpunkte für erstere seien "unter Berücksichtigung des Versicherungslebens" ermittelt worden und für letztere würden "zusätzliche Entgeltpunkte" ermittelt, hat die Beklagte nicht nachvollziehbar aufgezeigt, für welche Zeiträume und nach welchem Entscheidungsprogramm sie die beitragsfreien bzw beitragsgeminderten Zeiten bewertet hat. Entsprechendes gilt für die aus einem Versorgungsausgleich zusätzlich berücksichtigten Entgeltpunkte. Der allgemeine Hinweis, auf Nachfrage würden weitere Auskünfte oder Erläuterungen kostenfrei erteilt, kann diese Defizite nicht ausgleichen.

Die in diesem Sinne unzureichende Begründung der Rentenbescheide führt aber nicht dazu, dass die Klägerin die Erstattung der ihr im Widerspruchsverfahren entstandenen Kosten von der Beklagten verlangen kann. § 63 Abs 1 Satz 2 SGB X erfordert, dass der Widerspruch "nur deshalb" keinen Erfolg hat, weil eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften nach § 41 SGB X unbeachtlich ist. Das war hier nicht der Fall, weil eine Aufhebung der Rentenbescheide nach § 42 SGB X nicht in Betracht kam. Bei gebundenen Entscheidungen wie der Gewährung einer Rente ist stets offensichtlich, dass eine Verletzung der Begründungspflicht die Entscheidung der Behörde in der Sache nicht beeinflusst hat.

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