Bundessozialgericht

Verhandlung B 1 KR 38/21 R

Krankenversicherung - Kostenerstattung - selbstbeschaffte stationäre Liposuktion

Verhandlungstermin 18.08.2022 10:40 Uhr

Terminvorschau

A. B. ./. BIG direkt gesund
Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Kosten für 2017 und 2018 selbstbeschaffte stationäre Liposuktionen (Fettabsaugungen) an Armen, Beinen und Hüften.

Der befundgestützte Antrag der bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherten Klägerin auf Kostenübernahme für eine Liposuktion blieb erfolglos (Bescheid vom 22.2.2017; ein Tag nach Antragseingang). Den Widerspruch wies die KK nach Einholung einer Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) zurück (Widerspruchsbescheid vom 16.6.2017). Der MDK hatte in seiner Stellungnahme ausgeführt, eine Erkrankung im Sinne des Gesetzes sei den eingereichten Unterlagen nicht zu entnehmen. Es liege eine Adipositas Grad I mit symmetrischer Fettgewebsvermehrung betont am Bauch, an den Oberschenkeln, geringer an den Unterschenkeln sowie am Oberkörper und den Oberarmen vor. Von Funktionseinschränkungen der Hüften und der Beine sei nicht auszugehen. Nach Klageerhebung hat sich die Klägerin die begehrten Liposuktionen im Dezember 2017, März 2018 und Mai 2018 als stationäre Behandlungen selbst beschafft und macht hierfür Kosten von insgesamt 15 230 Euro geltend. Das SG hat die Klage abgewiesen. Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen und ua ausgeführt: Aus § 137c Abs 3 SGB V ergebe sich auch ab dem 23.7.2015 keine Absenkung der Qualitätsanforderungen auf Methoden mit dem bloßen Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative. Zum Zeitpunkt der Durchführung hätten die Liposuktionen nicht dem für den Anspruch auf Krankenhausbehandlung geltenden Qualitätsgebot entsprochen. Ein Leistungsanspruch ergebe sich auch nicht aus § 2 Abs 1a SGB V, aus einem Anspruch auf Teilnahme an dem Erprobungsverfahren oder aus einem Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 137c Abs 3 Satz 1, § 39 und § 13 Abs 3 SGB V.

Vorinstanzen:
Sozialgericht Karlsruhe - S 9 KR 2365/17, 17.01.2019
Landessozialgericht Baden-Württemberg- L 4 KR 640/19, 26.03.2021

Die Vorschau zu dem Verhandlungstermin des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 31/22.

Terminbericht

Die Revision der Klägerin hatte im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung Erfolg. Der Senat konnte auf Grundlage der Feststellungen des LSG nicht entscheiden, ob die Klägerin Anspruch auf Erstattung der Kosten für die von ihr selbst beschafften stationären Liposuktionsbehandlungen hat.

Der Senat hat am 26.4.2022 (B 1 KR 20/21 R) bereits entschieden, dass Versicherte auch nach Erlass einer Erprobungsrichtlinie Anspruch auf die Versorgung mit Potentialleistungen grundsätzlich nur im Rahmen eines individuellen Heilversuchs haben, wenn es 1. um eine schwerwiegende, die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigende Erkrankung geht, wenn 2. keine andere Standardbehandlung verfügbar ist und wenn 3. die einschlägigen Regelungen der Verfahrensordnung des GBA für die Annahme des Potentials einer erforderlichen Behandlungsalternative erfüllt sind. Für nicht an der Erprobung teilnehmende Krankenhäuser kann der GBA nach § 137e Abs 2 Satz 3 SGB V ergänzende Anforderungen an die Qualität der Leistungserbringung regeln. Es handelt sich für diese Krankenhäuser um eine abschließende Regelungsermächtigung. Der GBA hat von ihr im Falle des Liposuktions-Erprobungsverfahrens im Zeitpunkt des hier maßgebenden Leistungsgeschehens keinen Gebrauch gemacht. Begrenzungen ergeben sich auch aus einer Erprobungsrichtlinie iVm § 137e Abs 2 Satz 1 und 2 SGB V und dem Studiendesign selbst. Sie gelten aber nur für an der Erprobung teilnehmende Krankenhäuser.

Das LSG hat seine Entscheidung noch an der vom Senat im März 2021 aufgegebenen Rechtsprechung zu § 137c Abs 3 SGB V ausgerichtet und deswegen zu den Voraussetzungen des Anspruchs auf Potentialleistungen keine Feststellungen getroffen. Diese sind nachzuholen.

Die Berichte zu dem Verhandlungstermin des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 31/22.

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