Bundessozialgericht

Verhandlung B 9 V 4/21 R

Soziales Entschädigungsrecht - Versorgungskrankengeld

Verhandlungstermin 25.08.2022 12:20 Uhr

Terminvorschau

M. R.-K. ./.  Landschaftsverband Rheinland, 1 Beigeladene
Die Klägerin begehrt Versorgungskrankengeld für die Zeit ab 11.10.2003.

Sie war als Filialleiterin tätig und wurde dabei am 19.10.2000 Opfer eines Überfalls. Wegen der psychischen Folgen der Tat war die Klägerin arbeitsunfähig. Sie trat ihre Arbeitsstelle bis zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag zum 28.9.2006 nicht mehr an.

Ab 20.8.2001 war die Klägerin als Lehrkraft zunächst befristet, ab August 2003 unbefristet an einem Berufskolleg tätig. Die zuständige Berufsgenossenschaft (BG) erkannte diese Tätigkeit als Arbeits- und Belastungserprobung an. Außerdem absolvierte die Klägerin von Oktober 2003 bis Juni 2005 ein berufsbegleitendes Studium, das von der BG als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben gewährt wurde.

Von der BG erhielt die Klägerin Verletztengeld bis zum 10.10.2003 und anschließend für die Zeit des Studiums als Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben Übergangsgeld. Von März 2004 bis September 2005 bezog sie Arbeitslosengeld.

Das Versorgungsamt gewährte der Klägerin eine Grundrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 50 vH bis April 2001 und von 30 vH ab Mai 2001. Die Gewährung von Versorgungskrankengeld lehnte es ab.

Klage und Berufung sind erfolglos geblieben. Zur Begründung hat das LSG ausgeführt: Angesichts der Tätigkeit beim Berufskolleg und des parallelen Studiums sei die Klägerin ausgehend von einer freiwilligen Lösung vom früheren Beschäftigungsverhältnis im streitgegenständlichen Zeitraum nicht mehr arbeitsunfähig gewesen. Aber selbst wenn man hilfsweise für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit von der Beschäftigung als Filialleiterin ausginge, stehe einem Anspruch auf Versorgungskrankengeld entgegen, dass die Arbeitsunfähigkeit dann als Dauerzustand vorgelegen hätte. Im Übrigen komme ein Anspruch auf Versorgungskrankengeld neben einem Anspruch auf Übergangsgeld nicht in Betracht, er habe aber jedenfalls - auch während des Arbeitslosengeldbezugs und wegen des vorrangigen Heilbehandlungsanspruchs gegen die BG - geruht.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin, Beurteilungsmaßstab für die Arbeitsunfähigkeit sei weiterhin die Tätigkeit als Filialleiterin. Für ein Ende des Anspruchs auf Versorgungskrankengeld wegen Arbeitsunfähigkeit fehle es an der Feststellung eines Dauerzustands durch Verwaltungsakt. Außerdem begründe auch eine Arbeits- und Belastungserprobung als Leistung der Heilbehandlung einen Anspruch auf Versorgungskrankengeld. Ruhens- oder Ausschlussgründe lägen nicht vor.

Vorinstanzen:
Sozialgericht Köln - S 28 VG 39/10, 19.01.2016
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 13 VG 55/16, 26.02.2021

Die Vorschau zu dem Verhandlungstermin des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 32/22.

Terminbericht

Die Klägerin begehrt Versorgungskrankengeld für die Zeit ab 11.10.2003.

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Sie hat keinen Anspruch auf Versorgungskrankengeld. Die Klägerin war im streitgegenständlichen Zeitraum nicht arbeitsunfähig im Sinne der Vorschriften der gesetzlichen Krankenversicherung.

Maßstab für die Beurteilung des Vorliegens von Arbeitsunfähigkeit war ihre Tätigkeit als Dozentin am Berufskolleg. Ausgehend von den bindenden Feststellungen des LSG hat sich die Klägerin spätestens mit der Entfristung dieser Tätigkeit im August 2003 von ihrer früheren Tätigkeit als Filialleiterin gelöst. Die Tätigkeit als Filialleiterin stellte für die Klägerin in ihrer Erwerbsbiografie nur eine vorübergehende Ausnahme dar. Von Beginn der Tätigkeit beim Berufskolleg an wollte sie wieder lehrend und nicht mehr in einem Filialbetrieb tätig sein. Die Arbeits- und Belastungserprobung war aus Sicht der BG mit Einstellung der Zahlung des Verletztengelds beendet. Anhaltspunkte, die dafür sprechen könnten, dass die Klägerin die Dozententätigkeit beim Berufskolleg auch nach der Entfristung lediglich ausprobiert und gerade nicht im Sinn einer tatsächlichen, auf Dauer ausgerichteten Arbeitsleistung ausgeübt hätte, bestehen nicht. Vielmehr mündete die Erprobung noch vor dem hier streitgegenständlichen Zeitraum in eine unbefristete Tätigkeit im Berufskolleg und begann die Klägerin ab 11.10.2003 das berufsbegleitende Studium zur Betriebswirtin für Soziale Einrichtungen, das als geeignete Fortbildungsmöglichkeit gerade für diese Tätigkeit ausgewählt wurde.

Weder in der Tätigkeit als Dozentin am Berufskolleg noch hinsichtlich des berufsbegleitenden Studiums war die Klägerin nach den bindenden Feststellungen des LSG arbeitsunfähig.

Die Berichte zu dem Verhandlungstermin des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 32/22.

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