Bundessozialgericht

Verhandlung B 5 R 27/21 R

Rentenversicherung - Altersrente - Verrechnung - Insolvenz

Verhandlungstermin 10.11.2022 11:30 Uhr

Terminvorschau

M.S. ./. DRV Nord, beigeladen: R.S., BG der Bauwirtschaft
Die Beteiligten streiten darüber, ob der beklagte Rentenversicherungsträger berechtigt war, über einen Zeitraum von zwei Jahren nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des beigeladenen Versicherten hinaus eine Verrechnung vorzunehmen.

Der Versicherte bezieht seit Mai 2006 eine Rente von der Beklagten. Diese begann im Dezember 2007, im Umfang von 100 Euro monatlich eine Beitragsforderung der beigeladenen Berufsgenossenschaft mit dem Rentenanspruch zu verrechnen. Im Mai 2008 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Versicherten eröffnet. Die Beklagte setzte die Verrechnung auch nach Ablauf der Zweijahresfrist des § 114 Insolvenzordnung (alte Fassung) fort. Sie verrechnete nach Fristablauf weiterhin die Beitragsforderung mit dem Rentenanspruch des Versicherten für Juni 2010 bis Mai 2014. In diesem Zeitraum lag die Rente des Versicherten durchgehend unterhalb der gesetzlichen Pfändungsfreigrenze. Der als Insolvenzverwalter über das Vermögen des Versicherten eingesetzte Kläger verlangt von der Beklagten die Zahlung von 4.800 Euro. Seine Klage und Berufung sind erfolglos geblieben. § 114 InsO aF stehe der Verrechnung im streitbefangenen Zeitraum nicht entgegen, weil der Rentenanspruch des Versicherten schon nicht in die Insolvenzmasse gefallen sei. Mit der fortgesetzten Verrechnung sei auch keine unrechtmäßige Gläubigerbenachteiligung verbunden gewesen. Die Beklagte habe auf den Teil der Rente zurückgegriffen, der von vorneherein nicht zur Befriedigung anderer Gläubiger zur Verfügung gestanden habe.

Mit seiner Revision macht der Kläger ua eine Verletzung von § 114 InsO aF geltend. Es laufe dem Sinn und Zweck des Insolvenzverfahrens zuwider, selbst eine Verrechnung mit unpfändbaren Altersrentenbezügen nach Ablauf der Zweijahresfrist fortzusetzen.

Vorinstanzen:
Sozialgericht Lübeck - S 21 R 232/13, 29.06.2017
Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht - L 1 R 99/17, 20.01.2020

Sämtliche Vorschauen zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 42/22.

Terminbericht

Die Revision ist ohne Erfolg geblieben. Der klagende Insolvenzverwalter kann vom beklagten Rentenversicherungsträger nicht die Zahlung von 4800 Euro verlangen.

Der Kläger kann keine Zahlung an den Beigeladenen zu 1 verlangen. Es dürfte bereits an der erforderlichen Prozessführungsbefugnis fehlen. Jedenfalls besteht infolge der wirksamen Verrechnung kein Zahlungsanspruch des Beigeladenen zu 1 mehr. Ausgehend von den Feststellungen des LSG lagen die Voraussetzungen für eine Verrechnung vor. Die Beklagte war auch berechtigt, die Verrechnung über den Zeitraum von zwei Jahren nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Beigeladenen zu 1 hinaus fortzuführen. § 114 InsO in der bis zum 30.6.2014 geltenden Fassung erfasste keine unpfändbaren Ansprüche auf Sozialleistungen, auf die (nur) die Sozialleistungsträger nach Maßgabe von §§ 52, 51 Abs 2 SGB I zugreifen können. Die Interessen der Insolvenzgläubiger wurden nicht beeinträchtigt, weil diese Ansprüche schon nicht vom Insolvenzbeschlag erfasst wurden.

Aus diesem Grund steht dem Kläger auch kein Zahlungsanspruch aus abgetretenem Recht zu. Der beigeladene Versicherte konnte iÜ etwaige Ansprüche auf Auszahlung weiterer Rentenleistungen gegen die Beklagte nicht wirksam abtreten. Seine Rentenzahlungsansprüche unterlagen dem Abtretungsverbot aus § 53 Abs 3 SGB I, weil sie im streitbefangenen Zeitraum durchgehend unterhalb der Pfändungsfreigrenze für Arbeitseinkommen lagen.

 Die Berichte zu dem Verhandlungstermin des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 42/22.

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