Bundessozialgericht

Verhandlung B 11 AL 12/21 R

Grundsicherung für Arbeitsuchende - Aufstockendes Arbeitslosengeld II - Arbeitslosengeld nach dem SGB III - Erstattungsanspruch - Erfüllungsfiktion

Verhandlungstermin 29.11.2022 13:30 Uhr

Terminvorschau

S. P. ./. Bundesagentur für Arbeit, beigeladen: Jobcenter Cottbus
Der Kläger bezog während seiner bis zum 10.6.2015 dauernden Ausbildung aufstockend Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom beigeladenen Jobcenter, für Juni 2015 in Höhe von 555,35 Euro. Die beklagte Bundesagentur für Arbeit bewilligte dem Kläger Arbeitslosengeld ab 11.6.2015 in Höhe von kalendertäglich 26,38 Euro, für die Zeit vom 11.6.2015 bis 30.6.2015 also in Höhe eines Betrags von 527,60 Euro, und teilte ihm mit, dass er wegen eines Erstattungsanspruchs des Beigeladenen im Juni keinen Anspruch auf Auszahlung von Arbeitslosengeld habe.

Auf seine hiergegen gerichtete Klage hat das SG die Beklagte zur Zahlung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 11.6.2015 bis 30.6.2015 verurteilt. Der Ausschlusstatbestand des § 104 Abs 1 Satz 3 SGB X greife ein. Der Beigeladene sei trotz des Arbeitslosengeld-Anspruchs aufstockend weiterhin zur Leistung verpflichtet und daher nicht nachrangiger Träger gewesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG die Klage unter Aufhebung des Urteils des SG abgewiesen. Der Anspruch des Klägers sei wegen der Erfüllungsfiktion nach § 107 Abs 1 SGB X erloschen. § 104 Abs 1 Satz 3 SGB X habe dem Erstattungsanspruch des Beigeladenen nicht entgegengestanden. Der Erstattungsanspruch sei auch nicht auf den Betrag beschränkt, den der Beigeladene für die Zeit vom 11.6.2015 bis 30.6.2015 geleistet habe (370,23 Euro), denn Zweck von § 104 SGB X sei, den nachrangig verpflichteten Leistungsträger so zu stellen, als ob der vorrangig Verpflichtete rechtzeitig geleistet habe.

Mit seiner vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung insbesondere von § 104 SGB X. Das LSG übersehe, dass ein "Aufzahlungsfall" und deshalb keine nachrangige Leistung des Beigeladenen vorliege. Jedenfalls sei der Erstattungsanspruch nach einer kalendertäglichen Übereinstimmung für die Zeit vom 11.6.2015 bis 30.6.2015 zu ermitteln und betrage daher lediglich 370,23 Euro.

Vorinstanzen:
Sozialgericht Cottbus - S 39 AL 619/15, 07.03.2017
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg - L 14 AL 20/18, 11.03.2021

Sämtliche Vorschauen zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 45/22.

Terminbericht

Der Senat hat die Revision des Klägers gegen das Urteil des LSG zurückgewiesen. Der Kläger hat für Juni 2015 wegen der Erfüllungsfiktion des § 107 Abs 1 SGB X keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld, da das beigeladene Jobcenter gegen die Beklagte einen Erstattungsanspruch hat.

Der Beigeladene war gegenüber der Beklagten im Juni 2015 der nachrangig verpflichtete Leistungsträger gemäß § 104 Abs 1 SGB X, da das Arbeitslosengeld bei rechtzeitiger Auszahlung Ende Juni 2015 nach dem Zuflussprinzip des SGB II als Einkommen angerechnet worden wäre. Die Nachrangigkeit der Leistungen des Beigeladenen entfällt nicht dadurch, dass der Kläger im streitigen Zeitraum zusätzlich zu seinem Anspruch auf Arbeitslosengeld "aufstockend" einen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende hatte. Lediglich in Höhe dieses Differenzbetrags der "Aufzahlung" besteht zwischen den beteiligten Leistungsträgern kein Rangverhältnis.

Die Höhe des Erstattungsanspruchs umfasst das gesamte von der Beklagten für die Zeit vom 11.6.2015 bis zum 30.6.2015 bewilligte Arbeitslosengeld (527,60 Euro) und ist nicht auf die vom Beigeladenen anteilig für diese 20 Tage erbrachten Leistungen begrenzt (370,23 Euro), da auf den Monat als Bezugsgröße abzustellen ist. Zwar gilt für die Berechnung des Arbeitslosengelds das Kalendertags-, für die Auszahlung jedoch das Monatsprinzip. Die monatsweise Betrachtung entspricht auch dem Sinn und Zweck der Erstattungsregelungen, wonach Doppelleistungen vermieden werden sollen und die Erstattungshöhe dem Betrag entsprechen soll, den der erstattungspflichtige Träger bei rechtzeitiger Leistung hätte erbringen müssen.

Sämtliche Berichte zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 45/22.

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