Bundessozialgericht

Verhandlung B 8 SO 4/21 R

Sozialhilfe - Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung - Unterhaltszahlungen

Verhandlungstermin 08.12.2022 13:00 Uhr

Terminvorschau

A. E. J. ./. Landrat des Landkreises Vorpommern-Rügen
Die volljährige Klägerin erhält neben Kindergeld auf Grundlage eines Unterhaltstitels monatliche Zahlungen von ihrem Vater. Ihren Antrag auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung lehnte der Beklagte ab, weil das Einkommen den Bedarf der Klägerin übersteige. Das SG hat den Beklagten verurteilt, Leistungen der Grundsicherung zu zahlen. Das LSG hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Die Unterhaltszahlungen seien kein Einkommen. Der Lebensunterhalt eines erwachsenen, dauerhaft voll erwerbsgeminderten Kindes solle nach der Vorstellung des Gesetzgebers vorrangig durch Grundsicherungsleistungen gedeckt werden. Unterhaltszahlungen ergänzten solche Leistungen nur. Es entstehe ein Wertungswiderspruch, wenn der Unterhaltsberechtigte weniger Unterhalt, nämlich lediglich den sog Spitzbetrag, erhalte, weil bei dessen Berechnung nach der familiengerichtlichen Rechtsprechung ein Grundsicherungsanspruch angerechnet werde, ihm der Grundsicherungsanspruch jedoch tatsächlich nicht zuerkannt werde.

Hiergegen richtet sich die Revision des Beklagten.

Vorinstanzen:
Sozialgericht Stralsund - S 5 SO 21/16, 10.10.2017
Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern - L 9 SO 44/17, 28.04.2020

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Terminbericht

Der Senat hat (nach Abschluss eines Teilvergleichs wegen der übrigen Zeiträume) die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben und die Klage wegen der Zeit vom 1.10.2015 bis 31.12.2015 abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen, weil sie nicht hilfebedürftig ist. Die tatsächlich zufließenden Unterhaltszahlungen sind als Einkommen zu berücksichtigen. Im Recht der Grundsicherung (bzw ab dem 1.1.2020 in der Sozialhilfe allgemein) sind lediglich die Ansprüche von Kindern gegenüber den Eltern auf Unterhalt (und Unterhaltsansprüche von Eltern gegenüber ihren Kindern) im Grundsatz nicht zu berücksichtigen. Ein allgemeiner Vorrang von Grundsicherungsleistungen gegenüber Unterhalt besteht aber nicht. Setzt das erwachsene Kind seinen Unterhaltsanspruch erfolgreich durch und fließt Unterhalt zu, ist sein Grundsicherungsanspruch insoweit gemindert bzw ausgeschlossen. Unerheblich ist, ob das Familiengericht - der herrschenden Rechtsprechung der Oberlandesgerichte folgend - bei der Berechnung des klägerischen Unterhalts von einem Vorrang der Grundsicherung ausgegangen ist. Auch ein sog “Spitzbetrag“, also ein um einen (vermeintlichen) Grundsicherungsanspruch geminderter Unterhaltsbetrag, stellt zu berücksichtigendes Einkommen dar.

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