Verhandlung B 8 SO 8/20 R
Sozialhilfe - Vergütungsvereinbarung - Unternehmerrisiko - Schiedsspruch - Schiedsstelle
Verhandlungstermin
08.12.2022 12:00 Uhr
Terminvorschau
D. G. e.V. ./. Kommunaler Sozialverband Mecklenburg-Vorpommern
Im Streit ist ein Schiedsspruch über die Höhe der Vergütung für stationäre Leistungen der Eingliederungshilfe für die Zeit vom 1.8.2012 bis zum 31.8.2013. Der Kläger betreibt eine stationäre Nachsorgeeinrichtung für suchtkranke Menschen, die im streitigen Zeitraum ua 47 Plätze für den Leistungstyp C.2 (Heime für chronisch mehrfachgeschädigte Alkoholkranke) nach dem Landesrahmenvertrag vorhielt. Der Kläger machte beim Beklagten für die Zeit ab dem 1.7.2012 eine Erhöhung der Grund- und Maßnahmepauschale geltend sowie eine Erhöhung des Investitionsbetrags. Die Verhandlungen blieben ohne Erfolg. Der Kläger beantragte daraufhin bei der Schiedsstelle, die Vergütung ua unter Berücksichtigung eines kalkulatorischen Unternehmerrisikos in Höhe von 5 Prozent der geltend gemachten Bruttolohnsumme festzusetzen. Die Schiedsstelle lehnte die zusätzliche Berücksichtigung eines Unternehmerrisikos ab. Ein Gewinn müsse angesichts der langjährigen Existenz des Klägers am Markt in den bisherigen Vergütungen bereits enthalten gewesen sein, zumal die Einrichtung des Klägers im Vergleich mit anderen Einrichtungen, die Angebote für den entsprechenden Leistungstyp machten, deutlich im oberen Bereich der Vergütung liege. Die Klage gegen den Schiedsspruch hat das LSG abgewiesen. Zur Begründung hat es ua ausgeführt, es bedürfe keines pauschalen Zuschlags wegen des nicht näher konkretisierten Unternehmerrisikos, was auch der Rechtsprechung des BSG entspreche.
Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers.
Vorinstanzen:
Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern - L 9 SO 3/13 KL, 20.06.2019
Sämtliche Vorschauen zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 48/22.
Terminbericht
Der Senat hat das Urteil des LSG sowie den Schiedsspruch aufgehoben. Der Schiedsspruch ist formell rechtmäßig ergangen; hinsichtlich der begehrten Berücksichtigung eines kalkulatorischen Gewinns genügt der Schiedsspruch jedoch nicht den normativen Vorgaben aus §§ 75 ff SGB XII. Zwar hat die Schiedsstelle die geltend gemachten Gestehungskosten bei der Entscheidung über die Grund- und Maßnahmepauschale vollumfänglich als plausibel zugrunde gelegt. Die Vergütung muss aber weiter so bemessen sein, dass sie bei wirtschaftlicher Betriebsführung auch das Unternehmerrisiko angemessen berücksichtigt. Die Schiedsstelle durfte es nicht ohne weitere Überprüfung mit dem Sozialhilfeträger als gesetzt ansehen, dass die vereinbarten Vergütungen sowohl des Klägers als auch vergleichbarer Einrichtungen solche Gewinnchancen von vornherein eröffnen. Sie muss sich im Einzelfall davon überzeugen, woraus sich solche Möglichkeiten ergeben können und dazu ggf einen Vergleich mit den Vergütungen anderer Einrichtungen (“externer Vergleich“) heranziehen. Auf die Höhe der Vergütung anderer Einrichtungen hat die Schiedsstelle sich zwar bezogen, einen Vergleich dabei aber nur unzureichend durchgeführt. Es fehlt schon an von der Schiedsstelle festgelegten Kriterien für die Vergleichbarkeit der von ihr berücksichtigten Einrichtungen. Entgegen der Ansicht des LSG ist das Begehren des Klägers nicht darauf gerichtet, zusätzlich zu dieser dem allgemeinen Unternehmer-/Verlustrisiko geschuldeten Gewinnchance eine weitere pauschale Vergütung zu erhalten. Es kann dahinstehen, ob und in welchen Fällen ein solcher weiterer Zuschlag bei außerordentlichen Risiken des Betriebs der Einrichtung zustehen kann, weil der Kläger hierzu nichts vorgetragen hat.
Sämtliche Berichte zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 48/22.