Verhandlung B 1 KR 6/22 R
Krankenversicherung - Krankenhausvergütung - Kodierung - Operationen zur Verbesserung der Nasenatmung
Verhandlungstermin
24.01.2023 11:15 Uhr
Terminvorschau
Städtisches Klinikum K. gGmbH ./. Novitas BKK
Das zugelassene Krankenhaus der Klägerin behandelte im Jahr 2016 einen Versicherten der beklagten Krankenkasse vollstationär. Zur Verbesserung der Nasenatmung begradigte das Krankenhaus die Nasenscheidewand, entfernte einen Teil des Oberkieferknochens und operierte beidseits die untere Nasenmuschel. Für jeden dieser Einzeleingriffe kodierte es jeweils einen OPS-Kode. Nach Einholung eines MDK-Gutachtens verrechnete die Krankenkasse einen Teilbetrag der zuvor vollständig beglichenen Vergütungsforderung mit unstreitigen Forderungen des Krankenhauses: Die Teilentfernung des Oberkieferknochens sei integraler Bestandteil des OPS 5-214.6 und als Prozedurenkomponente nicht mit OPS 5-771.10 zusätzlich zu kodieren.
Das Sozialgericht hat die auf Zahlung des Differenzbetrages gerichtete Klage des Krankenhauses abgewiesen: Eine partielle Knochenentfernung sei von Anfang an geplant gewesen, so dass sie eine Prozedurenkomponente darstelle. Das Landessozialgericht hat die Sozialgerichts-Entscheidung aufgehoben und die Krankenkasse zur Zahlung verurteilt: Das Krankenhaus habe auch den Prozedurenkode OPS 5-771.10 zutreffend kodiert. Nach den ärztlichen Stellungnahmen sei die Abtragung des Knochensporns nicht zwingender Bestandteil der Operation an der unteren Nasenmuschel. Somit handele es sich um eine selbstständige Prozedur und nicht um eine Prozedurenkomponente.
Mit ihrer Revision rügt die Krankenkasse die Verletzung der Deutschen Kodierrichtlinien (2016) DKR P001f und DKR P003d sowie der OPS-Kodes (2016) 5-214.6, 5-215.2, 5-215.4 und 5-771.10.
Verfahrensgang:
Sozialgericht Karlsruhe, S 5 KR 2440/20, 04.01.2021
Landessozialgericht Baden-Württemberg, L 11 KR 597/21, 22.03.2022
Die Vorschau zu dem Verhandlungstermin des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 1/23.
Terminbericht
Die Revision der Krankenkasse hatte keinen Erfolg. Zutreffend hat das Landessozialgericht entschieden, dass das Krankenhaus die durchgeführte Abtragung des Knochensporns am Kieferknochen (partielle Maxillektomie) mit dem Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS)-Kode 5-771.10 verschlüsseln durfte. Die Voraussetzungen dieses Kodes sind erfüllt. Die Kodierung von Prozeduren knüpft nach den Deutschen Kodierrichtlinien (hier Version 2016) an den vom jeweiligen OPS-Kode definierten Eingriff an und nicht an das mit der Behandlung insgesamt verfolgte Ziel. Es ist weder jeder einzelne Handgriff zu kodieren noch werden alle zur Erreichung des Behandlungsziels erforderlichen Maßnahmen insgesamt in einem OPS-Kode zusammengefasst. Welche Behandlungsschritte Komponenten einer Prozedur sind, bestimmt sich nach den Regeln der ärztlichen Kunst für die Ausführung des jeweiligen, durch einen OPS-Kode konkret definierten Behandlungsverfahrens. Dies ist tatrichterlich zu ermitteln. Nach den bindenden Feststellungen des Landessozialgerichts wird die partielle Maxillektomie als eigenständige Prozedur durchgeführt, nicht lediglich als Komponente einer anderen Prozedur. Sie ist nach den Regeln der ärztlichen Kunst weder regelhafter Bestandteil der Nasenseptum-Korrektur noch der Operationen an der unteren Nasenmuschel. Der Kodierung standen auch keine speziellen Ausschlussregelungen entgegen.
Sämtliche Berichte zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 1/23.