Bundessozialgericht

Verhandlung B 8 SO 4/22 R

Sozialhilfe - Hilfe zur Pflege - Pflegegrad 0 - Hilfe zur Weiterführung des Haushalts - Pflegedienst - Angemessenheit

Verhandlungstermin 23.02.2023 10:30 Uhr

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S. S. ./. Stadt Gelsenkirchen, beigeladen: A GmbH
Die Klägerin ist in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt, so dass die Weiterführung ihres Haushalts gefährdet ist. Sie lebt allein und hat kein persönliches Umfeld, auf dessen Hilfe sie bei der Haushaltsführung zurückgreifen könnte. Zuletzt bis April 2017 leistete der beklagte Sozialhilfeträger Hilfe zur Pflege (sogenannter Pflegegrad 0). Die Pflegeleistungen wurden durch den beigeladenen Pflegedienst durchgeführt. Nach Änderung der Rechtslage durch das Dritte Pflegestärkungsgesetz lehnte die Beklage ab dem 1. Mai 2017 Leistungen der Hilfe zur Pflege ab. Den (nur noch) im Bereich Haushaltsführung bestehenden Bedarf könne die Klägerin durch Inanspruchnahme einer Haushaltshilfe zum gesetzlichen Mindestlohn - zum Beispiel über die Minijobzentrale - aus eigenem Einkommen vollständig decken. Die Klägerin nahm für die Haushaltsführung weiterhin den Pflegedienst in Anspruch. Das Sozialgericht hat die auf Kostenerstattung gerichtete Klage abgewiesen. Das Landessozialgericht hat die Beklagte zur Zahlung von rund 72 Euro für Mai 2018 verurteilt: Hilfe zur Weiterführung des Haushalts (§ 70 SGB XII) sei als Sachleistungsanspruch ausgestaltet. Die Klägerin habe danach Anspruch auf Erstattung der Kosten (abzüglich eines Eigenanteils), die ihr durch Beauftragung des beigeladenen Leistungserbringers entstanden seien. Die Beklagte müsse die zwischen ihr, den Pflegekassen und dem Beigeladenen nach § 89 SGB XI vereinbarten Sätze für die Hilfen bei der Haushaltsführung durch Pflegekräfte als angemessen akzeptieren.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Revision.

Verfahrensgang:
Sozialgericht Gelsenkirchen, S 2 SO 296/17, 12.03.2020
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, L 9 SO 155/20, 13.01.2022

Sämtliche Vorschauen zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 5/23.

Terminbericht

Der Senat hat auf die Revision der Beklagten das Urteil des Landessozialgerichts geändert und die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts vollumfänglich zurückgewiesen. Die Klägerin erfüllt zwar dem Grunde nach die Voraussetzungen für eine dauerhafte Hilfe zur Weiterführung des Haushalts nach § 70 SGB XII. Selbst wenn hier die Heranziehung einer “besonderen Person“ - verstanden als professionelle Kraft - erforderlich war, bestand ein Bedarf nach den bindenden Feststellungen des Landessozialgerichts ausschließlich bei einfachen hauswirtschaftlichen Verrichtungen (ein wöchentlicher Einkauf und Hilfe bei aufwändigen Aufräum- und Reinigungsarbeiten sowie kleine Hilfestellungen im Haushalt). Die Beklagte durfte die Klägerin daher darauf verweisen, eine ungelernte Haushaltshilfe zu ortsüblichen Konditionen in Anspruch zu nehmen, für die im Ausgangspunkt der Mindestlohn aufzuwenden ist und deren Kosten die Klägerin hier aus eigenem Einkommen hätte aufbringen können. Die Inanspruchnahme eines vertragsgebundenen Pflegedienstes war dagegen nicht angemessen. Ein Anspruch folgt nicht daraus, dass keine als Haushaltshilfe zugelassenen Dritten zur Verfügung standen; § 70 Absatz 3 Satz 3 SGB XII gibt entgegen der Auffassung des Landessozialgerichts keine Erbringung als Sachleistung vor, bei dem der Leistungsempfänger auf zugelassene Leistungserbringer zurückgreift, die mit dem Träger der Sozialhilfe entsprechende Verträge geschlossen haben.

Sämtliche Berichte zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 5/23.

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