Bundessozialgericht

Verhandlung B 12 KR 6/21 R

Versicherungs- und Beitragsrecht - Krankenversicherung - Aufgabe deutsche freiwillige Familienkrankenversicherung - Private Krankenversicherung in Spanien - Verordnung (EG) 883/2004 Verordnung (EWG) 1408/71 - sozialrechtlicher Herstellungsanspruch - Gleichstellung

Verhandlungstermin 13.03.2023 10:00 Uhr

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1. H. H., 2. J. H. ./. Barmer, beigeladen: Barmer-Pflegekasse
Die Klägerin zu 1. war vom 1. Februar 1999 bis zum 30. April 1999 über ihren freiwillig versicherten, am 16. April 2021 verstorbenen Ehemann, den Kläger zu 2., bei der Beklagten familienversichert. Im Februar 1999 verlegten die Kläger ihren Wohnsitz nach Spanien. Dort schlossen sie zum 1. Januar 2001 jeweils einen privaten Krankenversicherungsvertrag bei der Agrupación Sanitaria Seguros S.A. Zum 30. Juni 2008 verlegten die Kläger ihren Wohnsitz wieder nach Deutschland.

Die beklagte Krankenkasse lehnte die von den Klägern begehrte Mitgliedschaft ab, weil zuletzt eine private Krankenversicherung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union bestanden habe. Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen; das Landessozialgericht hat die Berufung zurückgewiesen und ausgeführt, durch Kündigung zum 30. April 1999 habe die freiwillige Versicherung des Klägers zu 2. und damit auch die Familienversicherung der Klägerin geendet. Eine für die Kläger nachteilige Fehlberatung durch die Beklagte im Zusammenhang mit der Wohnsitzverlegung nach Spanien sei nicht festzustellen. Die Rückverlegung des Wohnsitzes nach Deutschland habe nicht die Auffangversicherungspflicht (§ 5 Absatz 1 Nummer 13 SGB V) begründet. Zwar habe die private Absicherung bei der Agrupación Sanitaria Seguros S.A. in Deutschland keinen Versicherungsschutz gewährt und es fehle an einer anderweitigen Absicherung im Krankheitsfall. Die Kläger seien aber zuletzt nicht gesetzlich, sondern privat krankenversichert gewesen. Nur Personen, die bei einem von der Verordnung (EWG) Nummer 1408/71 erfassten Träger der Krankenversicherung versichert gewesen seien, könnten unter Berücksichtigung des Europäischen Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung zugeordnet werden. Die Kläger hätten sich in der spanischen gesetzlichen Krankenversicherung versichern können. Die spanische private Krankenversicherung sei wie eine inländische private Krankenversicherung zu behandeln. Dem stehe eine möglicherweise fehlerhafte telefonische Auskunft der Beklagten im Zusammenhang mit der Rückkehr der Kläger nach Deutschland nicht entgegen.

Mit der Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 5 Absatz 1 Nummer 13 SGB V unter Berücksichtigung der Verordnung (EG) 883/2004 und der Verordnung (EWG) 1408/71 sowie des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs. Die Möglichkeit, in das System der spanischen gesetzlichen Krankenversicherung zu wechseln, sei erst im Laufe des Gerichtsverfahrens erkannt worden. Eine Weiterversicherung mit Leistungsansprüchen während des Aufenthalts in Spanien habe die Beklagte den Klägern verweigert. Wegen des zu beachtenden Territorialitätsprinzips müsse die private Absicherung bei der Agrupación Sanitaria Seguros S.A. unberücksichtigt bleiben. Auch überstaatliches oder internationales Recht erlaube nicht die Gleichstellung einer spanischen mit einer deutschen privaten Krankenversicherung. Eine solche Gleichstellung wirke vielmehr freizügigkeitshemmend und die europäische Regelung zur Sachverhaltsgleichstellung (Artikel 5 Buchstabe b Verordnung (EG) 883/2004) gelte erst seit dem 1. Mai 2010. Zudem könne eine frühere Absicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung allenfalls durch eine ausländische private Krankenversicherung verdrängt werden, die hinsichtlich ihrer Leistungen mit einer deutschen privaten Krankenversicherung vergleichbar sei und eine Fortsetzung des Versicherungsvertrags mit Leistungsansprüchen in Deutschland ermögliche.

Verfahrensgang:
Sozialgericht Dresden, S 15 KR 569/08, 07.09.2011
Sächsisches Landessozialgericht, L 1 KR 732/17, 27.01.2021

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Terminbericht

Die Beteiligten haben das Verfahren durch Vergleich beendet.

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