Verhandlung B 2 U 1/21 R
Unfallversicherung - Arbeitsunfall - Weg zum Briefkasten - Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung - Arbeitgeber
Verhandlungstermin
30.03.2023 12:00 Uhr
Terminvorschau
IKK Brandenburg und Berlin ./. Verwaltungs-Berufsgenossenschaft, beigeladen: A.W.
Die bei der klagenden Krankenkasse versicherte Beigeladene war arbeitsunfähig erkrankt. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wollte sie am 16. November 2013 an ihren Arbeitgeber postalisch versenden. Auf dem Weg zum Briefkasten stürzte sie und zog sich Verletzungen zu. Sie wurde aufgrund des Sturzes auf Kosten der Klägerin medizinisch behandelt und bezog Krankengeld. Die von der Klägerin deswegen wiederholt angemeldete Kostenerstattung lehnte die beklagte Berufsgenossenschaft ab. Ebenso lehnte sie der Beigeladenen gegenüber die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab. Der Sturz sei kein Arbeitsunfall. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.
Die Erstattungsklage blieb in den Vorinstanzen ohne Erfolg. Die Zuständigkeit der Klägerin folge zwar nicht bereits aus der bestandskräftigen Ablehnung von Leistungen der Beklagten gegenüber der Beigeladenen. Diese habe aber keinen versicherten Wegeunfall erlitten. Das Einwerfen des Briefes in den Briefkasten sei arbeitsvertraglich nicht geschuldet gewesen und konkret auch nicht vom Arbeitgeber veranlasst worden. Die Beigeladene habe mit der Übersendung ausschließlich eigene Rechte sichern wollen.
Mit der Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 8 Absatz 2 Nummer 1 SGB VII.
Verfahrensgang:
Sozialgericht Potsdam - S 12 U 9/17, 28.09.2018
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg - L 3 U 194/18, 10.12.2020
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Terminbericht
Die Revision der klagenden Krankenkasse hatte Erfolg. Das Landessozialgericht hat die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts zu Unrecht zurückgewiesen. Die Beklagte ist der Klägerin vollumfänglich zur Erstattung der Kosten für die der Beigeladenen erbrachte Krankenbehandlung sowie für geleistetes Krankengeld verpflichtet. Auf Leistungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung besteht kein Anspruch, weil sie als Folge eines Arbeitsunfalls zu erbringen sind.
Dem steht nicht die Bindungswirkung des bestandskräftigen Verwaltungsakts entgegen, mit dem die Beklagte gegenüber der Beigeladenen die Anerkennung des Sturzereignisses als Arbeitsunfall abgelehnt hat. Denn jedenfalls war die Ablehnung offensichtlich fehlerhaft, weil ein Arbeitsunfall zweifelsfrei und ohne jegliche weitere Ermittlungen zu bejahen ist. Die Beigeladene wollte mit dem Einwurf der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in den Postbriefkasten ihre gesetzliche Nachweispflicht nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz (§ 5 Absatz 1 Satz 2 und 4) erfüllen, dem Arbeitgeber eine zuverlässige Information über das voraussichtliche Ende der Arbeitsunfähigkeit zukommen zu lassen. Dementsprechend befand sich die Beigeladene zum Zeitpunkt des Unfallereignisses auf einem ihrer versicherten Tätigkeit zuzurechnenden Betriebsweg.
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