Bundessozialgericht

Verhandlung B 5 R 4/22 R

Rentenversicherung - Rentenberechnung - Anrechnungszeiten - schulische Ausbildung - Höchstdauer - 8 Jahre - Überschreitung

Verhandlungstermin 05.04.2023 12:00 Uhr

Terminvorschau

B. S. ./. Deutsche Rentenversicherung Bund
Die Beteiligten streiten darüber, ob vorgemerkte Zeiten der Fach- beziehungsweise Hochschulausbildung bei der Berechnung einer Altersrente auch insoweit zu berücksichtigen sind, als sie die Dauer von acht Jahren überschreiten.

Der beklagte Rentenversicherungsträger stellte mit bestandskräftigem Bescheid vom 17. September 2018 die im Versicherungsverlauf des Klägers bis Dezember 2011 enthaltenen Daten verbindlich fest. Dabei berücksichtigte er unter anderem die Zeit vom 16. Dezember 1971 bis zum 31. März 1975 als Schulausbildung, die Zeit vom 1. April 1975 bis zum 31. März 1979 als Hochschulausbildung, die Zeit vom 17. September 1979 bis zum 25. Juni 1982 als Fachschulausbildung und die Zeit vom 1. April 1985 bis zum 29. April 1991 als Hochschulausbildung. Nachfolgend bewilligte die Beklagte dem Kläger ab dem 1. September 2020 Regelaltersrente. Im Rentenbescheid führte sie aus, die Zeiten vom 1. Mai 1980 bis zum 29. April 1991 könnten nicht als Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung berücksichtigt werden, weil die für solche Zeiten geltende Höchstdauer von acht Jahren ab dem 1. Mai 1980 überschritten sei; der Vormerkungsbescheid werde insoweit ab Rentenbeginn aufgehoben. Nach erfolglosem Widerspruch hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, dem Kläger höhere Altersrente unter Berücksichtigung auch der Fachschulausbildung vom 1. Mai 1980 bis zum 25. Juni 1982 als bewerteter Anrechnungszeit sowie der Hochschulausbildung vom 1. April 1985 bis zum 29. April 1991 als nicht zu bewertender, aber den belegungsfähigen Gesamtzeitraum reduzierender Anrechnungszeit zu gewähren. Die Aufhebungsentscheidung hinsichtlich dieser Zeiten sei wegen Ermessensausfalls rechtswidrig und somit der Vormerkungsbescheid insoweit weiterhin bindend. Die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht zurückgewiesen.

Die Beklagte rügt mit ihrer Revision eine Verletzung von § 58 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 in Verbindung mit § 149 Absatz 5 SGB VI. Der Vormerkungsbescheid sei in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ergangen, wonach im Vormerkungsverfahren die Höchstdauer rentenrelevanter Zeiten nicht berücksichtigt werden dürfe. Deshalb sei nicht § 45 SGB X, sondern § 149 Absatz 5 Satz 2 und 3 SGB VI Rechtsgrundlage für die erforderliche Korrektur hinsichtlich der Fachschul- und Hochschulzeiten im Rentenbescheid.

Verfahrensgang:
Sozialgericht Karlsruhe, S 6 R 3311/20, 11.06.2021
Landessozialgericht Baden-Württemberg, L 8 R 2382/21, 09.03.2022

Sämtliche Vorschauen zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 13/23.

Terminbericht

Die Revision der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Die Vorinstanzen haben zutreffend entschieden, dass der Kläger die Berechnung seiner Altersrente unter Einbeziehung der im Vormerkungsbescheid verbindlich festgestellten Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung auch insoweit verlangen kann, als diese die Höchstdauer von acht Jahren überschreiten. Die im Rentenbescheid verfügte Aufhebung der von Anfang an rechtswidrig begünstigenden Feststellungen des Vormerkungsbescheids entsprach nicht den Anforderungen des hier maßgeblichen § 45 SGB X.

Die Höchstdauerbegrenzung in § 58 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 SGB VI gehört nach ständiger Rechtsprechung des Senats zum Tatbestand einer Anrechnungszeit wegen schulischer Ausbildung. Sie ist deshalb bereits bei der Feststellung solcher Anrechnungszeiten im Vormerkungsbescheid zu beachten. Im Einzelfall dort über die Höchstdauer hinaus vorgemerkte Anrechnungszeiten müssen spätestens im Rentenbescheid unter Beachtung der allgemeinen Voraussetzungen für die Aufhebung von Verwaltungsakten korrigiert werden. Das ist hier nicht geschehen. Insbesondere hat die Beklagte bei ihrer Entscheidung kein Ermessen ausgeübt. Der Anwendungsbereich der Sonderregelung für den Fall von Rechtsänderungen in § 149 Absatz 5 Satz 2 SGB VI war nicht eröffnet. Damit war die Aufhebungsentscheidung ihrerseits aufzuheben. Die ursprünglich festgestellten Anrechnungszeiten sind somit weiterhin verbindlich und der Rentenberechnung zugrunde zu legen.

Sämtliche Berichte zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 13/23.

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