Bundessozialgericht

Verhandlung B 1 KR 23/22 R

Krankenversicherung - medizinische Rehabilitation - Pflegekosten - Erstattungsanspruch - Rentenversicherungsträger

Verhandlungstermin 29.06.2023 11:00 Uhr

Terminvorschau

DRV Braunschweig-Hannover ./. AOK - Die Gesundheitskasse für Niedersachsen
Die Beteiligten streiten über die Erstattung weiterer Pflegekosten

Die klagende Rentenversicherungsträgerin bewilligte dem bei ihr und bei der beklagten Krankenkasse Versicherten auf dessen Antrag eine Anschluss-Rehabilitation. Nach Bewilligung der Anschluss-Rehabilitation und noch vor deren Antritt beantragte der Versicherte bei der Klägerin die Bewilligung von Altersrente. Nach Abschluss der Anschluss-Rehabilitation bewilligte die Klägerin dem Versicherten die beantragte Altersrente. Im September 2016 meldete die Klägerin einen Erstattungsanspruch in Höhe von 3438,02 Euro für die Rehabilitationsmaßnahme bei der Beklagten an. Diese erkannte den Anspruch dem Grunde nach an, kürzte aber die enthaltenen Pflegekosten um 398,55 Euro, weil aufgrund der zwischen ihr und der Rehabilitations-Klinik vereinbarten Vergütung nur Kosten in dieser Höhe angefallen wären, wenn sie die Rehabilitation erbracht hätte.

Das Sozialgericht hat die Klage auf Zahlung der Differenz von 398,55 Euro abgewiesen, das Landessozialgericht die Berufung zurückgewiesen. Zwar seien die Voraussetzungen des § 104 Absatz 1 SGB X erfüllt, die Vergütungsvereinbarungen der Beklagten nach § 111 Absatz 5 SGB V seien jedoch gemäß § 104 Absatz 3 SGB X auch im Verhältnis der Beteiligten zu berücksichtigen.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 104 Absatz 3 SGB X.

Verfahrensgang:
Sozialgericht Hannover, S 86 KR 178/20, 26.08.2021
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, L 4 KR 437/21, 10.08.2022

Die Vorschau zu dem Verhandlungstermin des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 26/23.

Terminbericht

Die Revision der klagenden Rentenversicherungsträgerin hatte keinen Erfolg.

An einer Sachentscheidung war der Senat nicht dadurch gehindert, dass das Landessozialgericht über die Berufung durch den sogenannten konsentierten Einzelrichter entschieden und die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen hat. Denn die Beteiligten hatten ihr Einverständnis mit einer Einzelrichterentscheidung bei Auslegung ihrer Erklärungen gerade auch für den Fall der Zulassung der Revision erklärt.

Anspruchsgrundlage des Erstattungsanspruchs der klagenden Rentenversicherungsträgerin ist § 104 Absatz 1 SGB X. Die tatbestandlichen Voraussetzungen sind erfüllt und der Erstattungsanspruch ist nicht ausgeschlossen. Der Umfang des Erstattungsanspruchs wird aber durch die von der beklagten Krankenkasse abgeschlossene Vergütungsvereinbarung nach § 111 Absatz 5 SGB V der Höhe nach begrenzt. Nach § 104 Absatz 3 SGB X richtet sich der Umfang der Leistungspflicht nach den für den vorrangig verpflichteten Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften. Unter den Begriff der Rechtsvorschrift fällt auch eine gesetzlich vorgesehene Preisvereinbarung zwischen dem vorrangig verpflichteten Leistungsträger und dem Leistungserbringer. Zwar kommt der Preisvereinbarung selbst keine normative Wirkung zu, der Auftrag zum Abschluss von Vergütungsvereinbarungen ist aber in § 111 Absatz 5 SGB V gesetzlich - und damit unzweifelhaft durch eine "Rechtsvorschrift" - vorgesehen. Systematik und Zweck der maßgebenden Vorschriften bestätigen dieses Ergebnis. Das Gesetz differenziert hinsichtlich des Umfangs des Erstattungsanspruchs nach der Schutzbedürftigkeit des erstattungsberechtigten Leistungsträgers. Es berücksichtigt, ob dieser durch eine "aufgedrängte" Zuständigkeit belastet wird, derer er sich nicht erwehren kann. Die klagende Rentenversicherungsträgerin war als erstangegangener Leistungsträger nur nachrangig verpflichtet. Sie prüfte und bejahte ihre Zuständigkeit mit der Folge, dass sie die Rehabilitation bewilligte. Sie war insoweit nicht einer "aufgedrängten" Zuständigkeit ausgesetzt.

Die Berichte zu dem Verhandlungstermin des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 26/23.

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