Bundessozialgericht

Verhandlung B 8 SO 15/22 R

Sozialhilfe - Überleitungsbescheid - Widerspruch - gerichtlicher Vergleich

Verhandlungstermin 13.07.2023 10:30 Uhr

Terminvorschau

P.D. ./. Bezirk Oberbayern, beigeladen: Freistaat Bayern
Die Mutter des Klägers erhielt Leistungen der Hilfe zur Pflege durch den Beklagten, der einen Anspruch der Leistungsempfängerin gegen den Kläger auf Zahlung einer Leibrente, Wart und Pflege sowie Verköstigung ab dem 2.11.2012 monatlich auf sich überleitete. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, das Ermessen sei nicht richtig ausgeübt worden. Der Beklagte legte dem Beigeladenen den Widerspruch zur Entscheidung vor. Im Rahmen einer Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO) mit dem Antrag, die Zwangsvollstreckung aus dem übergeleiteten Anspruch zu unterlassen, wurde vor dem Landgericht München ein Vergleich geschlossen, wonach der Kläger an den Beklagten für den Zeitraum November 2012 bis Januar 2016 einen Betrag in Höhe von 5070 Euro sowie danach einen monatlichen Betrag in Höhe von 130 Euro bis zum Ausscheiden der Mutter des Klägers aus dem Sozialhilfebezug zu zahlen habe. Der Vergleich enthielt den Zusatz: "Mit dem vorliegenden Vergleich sind die streitgegenständlichen Ansprüche des Beklagten aus dem Überleitungsbescheid vom 19.03.2015 abgegolten." Der Beigeladene wies zeitlich nachfolgend den Widerspruch zurück. Das Sozialgericht München hob auf die Klage den Widerspruchsbescheid auf und stellte die Erledigung des Widerspruchs fest sowie verpflichtete den Beklagten, die Kosten des Verfahrens zu tragen. Das Landessozialgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Der Überleitungsbescheid sei durch den gerichtlichen Vergleich gemäß § 39 Absatz 2 5. Alternative SGB X erledigt, weil dadurch der Verwaltungsakt seine regelnde Wirkung verloren habe. Damit habe sich auch der Widerspruch in der Hauptsache erledigt.

Hiergegen richtet sich die Revision des Beklagten. Dieser vertritt die Auffassung, dass sich weder der Überleitungsbescheid noch das Widerspruchsverfahren aufgrund des Vergleichs erledigt hätten.

Verfahrensgang:
Bayerisches Landessozialgericht, L 8 SO 119/20, 16.12.2021
Sozialgericht München, S 48 SO 563/16, 08.04.2020

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Terminbericht

Der Senat hat auf die Revision des Beklagten das Urteil des Landessozialgerichts aufgehoben und die Sache an dieses Gericht zurückverwiesen. Der Senat kann auf Grundlage der Feststellungen des Landessozialgerichts nicht entscheiden, ob sich der Widerspruch vor Erlass des Widerspruchsbescheids erledigt hatte oder ob dieser zu Recht ergangen ist. Entgegen der Auffassung des Landessozialgerichts hat der Ausgangsverwaltungsakt, nämlich die Überleitungsanzeige, trotz seiner privatrechtsgestaltenden Wirkung seine Regelungsfunktion nicht “auf sonstige Weise“ dadurch verloren, dass sich Kläger und Beklagter über das Bestehen und die Höhe der übergeleiteten Forderung sowie die Erfüllungsmodalitäten vergleichsweise einigten. Die Überleitungsanzeige ist vielmehr weiterhin Rechtsgrund für den Forderungsübergang. Eine denkbare Ersetzung der Überleitungsanzeige durch einen öffentlich-rechtlichen Vertrag scheitert daran, dass die Mutter des Klägers als ursprüngliche Gläubigerin der übergeleiteten Forderung am Vertragsschluss nicht beteiligt war. Ausgehend von seiner Rechtsauffassung hat das Landessozialgericht von einer Auslegung des Vergleichs dahingehend, ob der Kläger seinen Widerspruch zurückgenommen hat, abgesehen. Dem Revisionsgericht selbst ist die Auslegung des insofern materiellen Teils des Vergleichs verwehrt. Ein Prozessvergleich bezogen auf den vorliegenden Streitgegenstand liegt nicht vor, weil alleiniger Streitgegenstand vor dem Landgericht die Vollstreckung war. Diese Auslegung wird das Landessozialgericht nachzuholen haben; es wird auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden haben.

Die Berichte zu dem Verhandlungstermin des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 27/23.

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