Verhandlung B 5 R 18/21 R
Rentenversicherung - Rücküberweisung - überzahlte Witwenrente - Verjährung - Kenntnis - Zurechnung
Verhandlungstermin
26.07.2023 11:45 Uhr
Terminvorschau
Deutsche Rentenversicherung Bund ./. H. AG
Der klagende Rentenversicherungsträger begehrt die Rücküberweisung von überzahlten Witwenrentenleistungen in Höhe von insgesamt 4076,95 Euro, die nach dem Tod der Rentenempfängerin noch auf deren Konto bei der beklagten Bank überwiesen wurden.
Die Klägerin leistete an die Rentenempfängerin eine Altersrente aus eigener Versicherung sowie eine Witwenrente aus der Versicherung ihres verstorbenen Ehemanns. Beide Renten wurden im Auftrag der Klägerin durch den Renten Service der Deutschen Post AG monatlich auf das bei der Beklagten geführte Konto überwiesen. Am 15. Oktober 2009 verstarb die Rentenempfängerin. Dies teilte die Tochter dem Renten Service mit Schreiben vom 5. November 2009 unter Angabe der Versicherungsnummer der Altersrente mit und übersandte eine Sterbeurkunde. Nach Aufforderung durch den Renten Service überwies die Beklagte die überzahlte Altersrente zurück. Die Witwenrente wurde weiterhin monatlich auf das Konto der verstorbenen Rentenempfängerin überwiesen. Im November 2012 und erneut im Januar 2015 forderte die Klägerin von der Beklagten die Rücküberweisung auch der für die Monate November 2009 bis März 2010 überzahlten Witwenrente. Am 26. Februar 2015 hat die Klägerin Klage erhoben. Die Beklagte hat sich auf Verjährung berufen. Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landessozialgericht hat die Berufung mit der Begründung zurückgewiesen, der Rücküberweisungsanspruch sei bei Klageerhebung verjährt gewesen. Der Renten Service habe bereits im Jahr 2009 Kenntnis von der Überzahlung gehabt. Die Beklagte müsse sich diese Kenntnis zurechnen lassen.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 118 Absatz 4a Sozialgesetzbuch Sechstes Buch. Zwar handele der Renten Service bei der Überwachung der Zahlungsvoraussetzungen im gesetzlichen Auftrag der Klägerin. Dies bedeute aber nicht, dass er auch als ihr Vertreter auftrete.
Verfahrensgang:
Sozialgericht Frankfurt am Main, S 6 R 246/19, 08.06.2020
Hessisches Landessozialgericht, L 2 R 188/20, 27.04.2021
Die Vorschau zu dem Verhandlungstermin des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 30/23.
Terminbericht
Die Revision der Klägerin war erfolglos. Der Anspruch auf Rücküberweisung war bei Klageeingang am Sozialgericht bereits verjährt. Maßgeblich für den Verjährungsbeginn war hier die Kenntnis des Renten Service der Deutschen Post AG von der Überzahlung der Witwenrente bereits im Jahr 2009. Diese Kenntnis ist der Klägerin entsprechend § 166 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch und mit Rücksicht auf Treu und Glauben (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch) zuzurechnen. Der Renten Service ist kraft Gesetzes dazu berufen, im Rechtsverkehr als Repräsentant für die Träger der allgemeinen Rentenversicherung bestimmte Aufgaben zu erledigen und die dabei anfallenden Informationen zur Kenntnis zu nehmen. So hat der Renten Service auch selbstständig die Zahlung laufender Geldleistungen einzustellen, wenn ihm bekannt wird, dass der Zahlungsempfänger gestorben ist, und für die Zeit nach dem Tod von Berechtigten zu Unrecht überwiesene Leistungen selbstständig vom Geldinstitut zurückzufordern. Schließlich ist der Renten Service auch unmittelbarer Ansprechpartner der Leistungsberechtigten und Hinterbliebenen in Bezug auf Änderungen in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die für die Auszahlung der Geldleistungen von Bedeutung sind. Dementsprechend teilte die Tochter der Rentenberechtigten den Todesfall dem Renten Service mit. Dass sie dabei lediglich die Nummer der Versichertenrente angab, ist unerheblich.
Die Berichte zu dem Verhandlungstermin des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 30/23.