Bundessozialgericht

Verhandlung B 8 SO 8/22 R

Sozialhilfe - Schiedsstelle - Pflegeeinrichtung - Vergütungsvereinbarung - gesondert berechenbare Investitionskosten - Investitionskostenförderung - Zweckbindungsfrist

Verhandlungstermin 20.09.2023 11:00 Uhr

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W. für Baden-Württemberg ./. Landkreis Tübingen
Die Klägerin betreibt seit 1992 eine zugelassene Pflegeeinrichtung, deren Gebäude ab 1989 von der Stadt M. errichtet wurde. Diese erhielt hierfür mit der Festschreibung einer Zweckbindung von 25 Jahren rund 3 Millionen Deutsche Mark Fördermittel vom Land Baden-Württemberg. Nach der Fertigstellung 1992 verpachtete die Stadt das Gebäude an die Klägerin, wobei die Investitionsförderung zu einer reduzierten Pachtforderung führte. In den Kostenkalkulationen wurde ein Abschreibungssatz von 2,45% (40,8 Jahre) berücksichtigt. 2015 verkaufte die Stadt das Gebäude an eine 100 %-Tochter-GmbH der Klägerin, der aufgrund des früheren Investitionszuschusses des Landes ein “Preisnachlass“ eingeräumt wurde. Ende 2016 forderte die Klägerin den Beklagten erfolglos zu Vergütungsverhandlungen über die Vereinbarung eines Investitionskostensatzes für die Einrichtung auf und beantragte die Festsetzung von 17,80 Euro/Tag für Einzelzimmer, 15,65 Euro/Tag für Doppelzimmer sowie 12,46 Euro/Tag für die Tagespflege. Die daraufhin angerufene Schiedsstelle hat den Antrag auf Festsetzung der gesondert berechenbaren Investitionskosten als unzulässig abgewiesen, da sie bei Pflegeeinrichtungen nur dann für Vergütungsvereinbarungen zur Übernahme gesondert berechneter Investitionskosten zuständig sei, wenn es sich um nicht geförderte Einrichtungen handle. Das Landessozialgericht hat die Klage abgewiesen. Solange durch öffentliche Zuschüsse geförderte Wirtschaftsgüter noch nicht vollständig abgeschrieben und Gegenstand des gesondert berechneten Investitionsaufwandes seien, sei von einer geförderten Einrichtung auszugehen, auch dann, wenn die Zweckbindungsfrist für die Förderung bereits abgelaufen sei.

Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin. Sie rügt die Verletzung von § 82 Absatz 3 und 4 SGB XI.

Verfahrensgang:
Landessozialgericht Baden-Württemberg, L 2 SO 3089/20 KL, 13.04.2022

Sämtliche Vorschauen zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 37/23.

Terminbericht

Der Senat hat die Revision zurückgewiesen. Zu Recht hat das Landessozialgericht die Klage gegen die Entscheidung der Schiedsstelle abgewiesen, da dieser eine Entscheidung in der Sache im Sinne einer vertragsersetzenden Entscheidung verwehrt gewesen ist. Die Schiedsstelle ist bei Pflegeeinrichtungen für Vergütungsvereinbarungen zur Übernahme gesondert berechneter Investitionskosten nur für eine vertragsersetzende Entscheidung zuständig, wenn es sich um nicht geförderte Einrichtungen nach § 82 Absatz 4 SGB XI handelt. Bei der Einrichtung der Klägerin handelt es sich aber um eine objektbezogen geförderte Einrichtung. Deshalb unterliegt die gesonderte Berechnung der betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen der Zustimmungspflicht gemäß § 82 Absatz 3 Satz 3 SGB XI. Unerheblich ist, dass die Zuwendung im Jahr 1989 und damit vor dem Inkrafttreten des SGB XI erfolgte, weil dies nicht gegen das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot verstößt. Unerheblich ist auch, dass die Zweckbindungsfrist aus dem Förderbescheid zwischenzeitlich abgelaufen ist, weil dies den Status als geförderte Einrichtung nicht ändert. Entscheidend ist, ob in dem jeweiligen Investitionskostensatz (immer noch) staatliche Mittel einzurechnen sind oder nicht, also ob die Einrichtung unter Verwendung eben dieser Mittel (immer noch) betrieben wird. Eine Förderung wirkt als dauerhafte Investition jedenfalls bis zum Ende der Abschreibungsfrist fort.

Sämtliche Berichte zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 37/23.

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