Verhandlung B 3 KR 6/22 R
Gesetzliche Krankenversicherung - Direktlieferung - Kontrastmittel - Sprechstundenbedarf - Rahmenvertrag - Exklusivliefervertrag - Vergütungsanspruch
Verhandlungstermin
21.09.2023 11:00 Uhr
Terminvorschau
C. AG /. AOK Rheinland-Pfalz/Saarland
Im Streit steht ein Anspruch eines pharmazeutischen Großhändlers auf Vergütung der Lieferung von vertragsärztlich als Sprechstundenbedarf verordneten Kontrastmitteln.
Die Klägerin belieferte auf der Grundlage vertragsärztlicher Verordnungen radiologische Vertragsarztpraxen in Rheinland-Pfalz und im Saarland direkt mit Kontrastmitteln als Sprechstundenbedarf. Auf ihre hierfür mit Rechnungen zwischen Januar und April 2017 gegen die beklagte Krankenkasse als den Sprechstundenbedarf abwickelnde Stelle für die gesetzlichen Krankenkassen in Rheinland-Pfalz und Saarland geltend gemachten Vergütungsansprüche zahlte diese nicht, weil nach Auffassung der Beklagten einer Begleichung der Rechnungen Exklusivlieferverträge über Kontrastmittel mit anderen Lieferanten entgegenstanden. Rahmenverträge, denen sie eine entsprechende Exklusivität beimaß, hatte sie nach einem europaweiten Ausschreibungsverfahren mit den bezuschlagten Unternehmen abgeschlossen. Über die Verträge hatte die Beklagte nicht bezuschlagte Lieferanten informiert. Die Klägerin, mit der kein Rahmenvertrag abgeschlossen worden war, hielt den Zahlungsverweigerungen entgegen, auf der Grundlage der von den Gesamtvertragspartnern abgeschlossenen Sprechstundenbedarfsvereinbarungen Rheinland-Pfalz und Saarland einen Vergütungsanspruch gegen die Beklagte für Direktlieferungen zu haben, dem bilaterale Exklusivlieferverträge mangels Rechtsgrundlage hierfür nicht entgegen gehalten werden könnten. Die Beklagte sah bei einzelnen Rechnungen zudem Verstöße gegen ihre Abrechnungsbedingungen vorliegen.
Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landessozialgericht hat die Beklagte zur Zahlung von insgesamt 30 344,99 Euro nebst Zinsen verurteilt und die Berufung der Klägerin im Übrigen zurückgewiesen. Der Vergütungsanspruch der Klägerin für ihre ordnungsgemäßen Abrechnungen ergebe sich aus der Sprechstundenbedarfsvereinbarung Rheinland-Pfalz in Verbindung mit den vertragsärztlichen Verordnungen, ohne dass die Beklagte dem das Wirtschaftlichkeitsgebot oder die nach einer Ausschreibung mit anderen Unternehmen geschlossenen Verträge entgegenhalten könne. Soweit die Klägerin Verordnungen unter Verstoß gegen die Abrechnungsbedingungen der Beklagten abgerechnet habe, stehe bereits dies einem Vergütungsanspruch entgegen.
Das Landessozialgericht hat die Revision zugelassen. Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts (§§ 69 ff. SGB V, § 69 Absatz 1 Satz 3 SGB V in Verbindung mit §§ 328 f. BGB sowie § 53 SGB X in Verbindung mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot aus § 12, § 73 Absatz 8 SGB V). Zum einen könne aus den Sprechstundenbedarfsvereinbarungen in Verbindung mit den vertragsärztlichen Verordnungen kein Vergütungsanspruch der Klägerin hergeleitet werden. Zum anderen würden die Rechtswirkungen der von der Beklagten geschlossenen Exklusivlieferverträge verkannt. Verkannt habe das Landessozialgericht mit seiner revisionsrechtlich überprüfbaren Auslegung der Sprechstundenbedarfsvereinbarungen auch das in diesen geregelte Wirtschaftlichkeitsgebot.
Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung von § 62 SGG, Artikel 103 GG, § 242 BGB und § 103 SGG. Hinsichtlich angeblicher Verstöße gegen die Abrechnungsbedingungen habe das Berufungsurteil nicht den Anspruch auf rechtliches Gehör, den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sowie den Sachvortrag der Beteiligten berücksichtigt; sie beanspruche eine weitere Zahlung von insgesamt 36 878,49 Euro nebst Zinsen.
Verfahrensgang:
Sozialgericht Mannheim, S 2 KR 1138/17, 12.07.2018
Landessozialgericht Baden-Württemberg, L 4 KR 3009/18, 15.10.2021
Sämtliche Vorschauen zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 36/23.
Terminbericht
Die Revision der Beklagten war erfolglos. Auch in diesem Verfahren steht aus den unter 1) dargelegten Gründen der Klägerin der ihr vom Landessozialgericht zugesprochene Vergütungsanspruch gegen die Beklagte für die Lieferung von Kontrastmitteln als Sprechstundenbedarf an verordnende Vertragsarztpraxen zu, ohne dass dem Anspruch die von der Beklagten mit anderen Lieferanten geschlossenen Rahmenverträge entgegen stehen.
Die Revision der Klägerin war ebenfalls erfolglos. Das Landessozialgericht hat die schon von der Beklagten als formal fehlerhaft gerügten Abrechnungen von Kontrastmittellieferungen geprüft, Verstöße der Klägerin gegen die Abrechnungsbedingungen der Beklagten festgestellt und die Ablehnung einer Vergütung dieser Lieferungen durch die Beklagte für rechtmäßig gehalten. Dies hält revisionsgerichtlicher Nachprüfung stand; die gegen die Feststellungen des Landessozialgerichts erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch.
Sämtliche Berichte zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 36/23.