Verhandlung B 8 SO 7/22 R
Sozialhilfe - Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung - Übernahme von Beiträgen zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung - Familienversicherung - Zumutbarkeit
Verhandlungstermin
12.12.2023 15:00 Uhr
Terminvorschau
W. P. ./. Oberbürgermeister der Stadt Worms
Der Kläger bezieht Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Er beantragte seit September 2019 wiederholt die Übernahme von Beiträgen zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung. Dies lehnte der Beklagte ab. Klage und Berufung hatten keinen Erfolg. Das Landessozialgericht hat ausgeführt, die Klage sei teilweise wegen anderweitiger Rechtshängigkeit unzulässig und im Übrigen unbegründet. Der Anspruch auf Leistungen der Sozialhilfe umfasse zwar auch die von dem Kläger begehrte Übernahme der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung. Jedoch stehe ihm die Möglichkeit der Familienversicherung über seine Frau offen, die in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung freiwillig versichert sei. Er könne seine freiwillige Mitgliedschaft durch Kündigung auch mit Wirkung für die Vergangenheit beenden. Es seien keine Gründe ersichtlich, die eine Nutzung der dem Kläger zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Minderung seiner Hilfebedürftigkeit als unzumutbar erscheinen ließen.
Der Kläger rügt mit seiner Revision einen Verstoß gegen § 32 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch. Nachdem sich herausgestellt hat, dass die gesetzliche Krankenversicherung der Ehefrau den Kläger als familienversichertes Mitglied führt, hat er mitgeteilt, dass derzeit keine Beitragsforderungen von gesetzlichen Krankenversicherungen gegen ihn geltend gemacht würden.
Verfahrensgang:
Sozialgericht Mainz, S 11 SO 9/20, 10.12.2020
Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, L 1 SO 1/21, 29.04.2021
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Terminbericht
Der Senat hat die Revision zurückgewiesen. Die Anfechtungs- und Leistungsklage ist insgesamt unzulässig; es fehlt am allgemeinen Rechtsschutzbedürfnis. Zwar sind nach § 32 Absatz 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch angemessene Beiträge für eine Kranken- und Pflegeversicherung als Bedarf anzuerkennen, soweit Leistungsberechtigte diese nicht aus eigenem Einkommen tragen können. Nachdem sich herausgestellt hat, dass der Kläger familienversichertes Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung seiner Ehefrau ist, kann er mit seinem Begehren auf Übernahme von Beiträgen zu einer eigenen freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung indes keinen sozialhilferechtlich anerkannten Bedarf mehr geltend machen, weil ihm dies unter keinem rechtlichen oder tatsächliche Gesichtspunkt Vorteile verschaffen könnte. Dies gilt umso mehr, als keine Beitragsforderungen gegen ihn geltend gemacht werden. Die in der mündlichen Verhandlung zuletzt noch aufrecht erhaltene Fortsetzungsfeststellungsklage ist ebenfalls unzulässig. Der Kläger hat keine Tatsachen vorgetragen, die ein berechtigtes Interesse an der Feststellung einer Rechtswidrigkeit der angegriffenen Verwaltungsakte begründen könnten.
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