Bundessozialgericht

Verhandlung B 5 R 1/22 R

Rentenversicherung - Hinterbliebenenrente - Sterbevierteljahresbonus - Erstattungsanspruch - Grundsicherungsträger

Verhandlungstermin 21.12.2023 11:15 Uhr

Terminvorschau

Kreis Nordfriesland ./. DRV Nord
Der klagende Grundsicherungsträger verlangt vom beklagten Rentenversicherungsträger eine Erstattung auch in Höhe des zusätzlichen Betrags einer Witwenrente im Sterbevierteljahr (sogenannter Sterbevierteljahresbonus).

Der Kläger gewährte der Witwe des bei der Beklagten Versicherten unter anderem im Zeitraum von Februar 2016 bis Mai 2016 laufend Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch. Die Beklagte bewilligte der Witwe nach dem Tod ihres Ehemannes eine große Witwenrente ab dem Todestag am 25. Februar 2016. Bis einschließlich Mai 2016 lag der Witwenrente ein erhöhter Rentenartfaktor zugrunde, sodass die Rente im Sterbequartal 221,65 Euro monatlich höher war als in den nachfolgenden Monaten. Auf das Erstattungsverlangen des Klägers für die von ihm erbrachten Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende erstattete die Beklagte nur einen Teilbetrag. Der Sterbevierteljahresbonus sei nicht zu erstatten. Den entsprechenden Betrag zahlte die Beklagte an die Witwe aus.

Das Sozialgericht hat die Beklagte zur Erstattung auch des restlichen vom Kläger verlangten Betrags (583,38 Euro) verurteilt. Das Landessozialgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Der Erstattungsanspruch umfasse den gewährten Sterbevierteljahresbonus. Bei diesem handele es sich nicht um eine nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbrachte Leistung, die von der Einkommensanrechnung im Rahmen des Sozialgesetzbuch Zweites Buch ausgenommen sei.

Mit ihrer Revision macht die Beklagte geltend, durch die Anrechnung werde der Zweck des Sterbevierteljahresbonus vereitelt. Der Bonus solle dem hinterbliebenen Ehegatten die mit dem Sterbefall verbundenen besonderen Aufwendungen zu einem Teil abnehmen und ihm die Umstellung auf die veränderten Verhältnisse finanziell erleichtern.

Verfahrensgang:
Sozialgericht Schleswig, S 21 R 56/17, 06.08.2019
Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, L 7 R 122/19, 13.12.2021

Sämtliche Vorschauen zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 55/23.

Terminbericht

Die Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg. Die Beklagte muss dem Kläger auch den zusätzlichen Betrag der Witwenrente im Sterbevierteljahr (sogenannter Sterbevierteljahresbonus) erstatten.

Der Kläger ist im Vergleich zur Beklagten nachrangig verpflichtet. Hätte die Beklagte die Witwenrente zu einem früheren Zeitpunkt ausgezahlt, wäre der Kläger auch im Umfang des Sterbevierteljahresbonus nicht zur Leistung von Arbeitslosengeld II an die Witwe verpflichtet gewesen. Auch insoweit ist die Witwenrente nicht von der Einkommensanrechnung nach § 11a Absatz 3 Satz 1 SGB II ausgenommen. Nach dieser Vorschrift sind Leistungen, die aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden, nur so weit als Einkommen zu berücksichtigen, als die Leistungen nach diesem Buch im Einzelfall demselben Zweck dienen. Der Sterbevierteljahresbonus dient letztlich demselben Zweck wie das Arbeitslosengeld II.

Auch der Sterbevierteljahresbonus bezweckt eine Sicherung des Lebensunterhalts. Die vorübergehend erhöhte Hinterbliebenenrente soll den während des Sterbequartals eintretenden besonderen Bedarf des hinterbliebenen Ehegatten befriedigen. Das Grundsicherungsrecht sieht bedarfsabhängige Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vor, mit denen ebenfalls auf die besondere Situation nach dem Tod des Ehepartners reagiert werden kann. Dazu gehören etwa Leistungen für Mehr- oder besondere Bedarfe, für Unterkunft und Heizung für eine Übergangszeit oder die Gewährung eines Darlehens.

Zwar spräche angesichts der Privilegierung, die der Sterbevierteljahresbonus an anderer Stelle erfährt, viel dafür, ihn von der Einkommensanrechnung im SGB II auszunehmen. Eine entsprechende Regelung ist aber bisher nicht erfolgt.

Sämtliche Berichte zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 55/23.

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