Bundessozialgericht

Verhandlung B 12 KR 1/23 R - ohne mündliche Verhandlung

Versicherungs- und Beitragsrecht - Kranken- und Pflegeversicherung - freiwilliges Mitglied - Beitragsbemessung - Ehegatteneinkommen - Elterngeldbezug

Verhandlungstermin 20.02.2024 00:00 Uhr

Terminvorschau

C. M.. ./. mhplus Betriebskrankenkasse, beigeladen: mhplus BKK Pflegekasse

Die Klägerin war seit 2011 wegen die Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteigender Einkünfte bei der beklagten Krankenkasse freiwilliges Mitglied der GKV und bei der beigeladenen Pflegekasse in der sPV pflichtversichert. Ihr Ehemann war privat kranken- und pflegeversichert. Nach der Geburt des gemeinschaftlichen Kindes befand sich die Klägerin vom 5. Juni 2018 bis zum 8. Juni 2020 in Elternzeit. Sie bezog in dieser Zeit für den 2. bis zum 13. Lebensmonat des Kindes Elterngeld, weitere Einkünfte hatte sie nicht. Krankenkasse und Pflegekasse setzten die Beiträge zur freiwilligen GKV und sPV für die Dauer der Elternzeit unter Berücksichtigung der Einnahmen ihres Ehemanns und der hälftigen Beitragsbemessungsgrenze fest (halber Höchstbeitrag).

Das Sozialgericht hat die auf Festsetzung von Mindestbeiträgen gerichtete Klage abgewiesen, das Landessozialgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die Berücksichtigung des Ehegatteneinkommens laufe weder dem Zweck noch der Beitragsfreiheit des Elterngeld zuwider. Die zugrundeliegenden Normen seien mit Artikel 3 Absatz 1 und Artikel 6 Absatz 1 GG vereinbar. Soweit sie Eheleute gegenüber Unverheirateten schlechter stellten, falle diese punktuelle Benachteiligung durch insgesamt weitreichende Maßnahmen des Familienlastenausgleichs im SGB V in der Gesamtbetrachtung nicht ins Gewicht.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung von Artikel 6 Absatz 1, 2, 4 und 5 in Verbindung mit Artikel 3 Absatz 1 GG durch § 240 Absatz 5 Satz 1 SGB V und § 2 Absatz 4 BeitrVerfGrsSz. Die Berücksichtigung des Ehegatteneinkommens reduziere das wirtschaftliche Gesamteinkommen der Eheleute. Die familienfördernden Maßnahmen des SGB V würden auch nicht verheiratete Eltern treffen. Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaften stünden ebenfalls füreinander ein. Die hohe Beitragslast sei ein Eingriff in die Entscheidungsfreiheit der Eheleute zur Aufgabenverteilung in der Ehe.

Verfahrensgang:
Sozialgericht Dortmund, S 48 KR 6271/19, 12.05.2021
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, L 11 KR 547/21, 15.06.2022

Sämtliche Vorschauen zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 2/24.

Terminbericht

Die Revision der Klägerin ist erfolglos geblieben. Die Beklagte und die Beigeladene haben die Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler zutreffend angewendet und rechtmäßig Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung sowie sozialen Pflegeversicherung auf der Grundlage der Hälfte der Beitragsbemessungsgrenze festgesetzt. Die Regelungen zur Anrechnung von Einnahmen des privat versicherten Ehegatten in den Beitragsverfahrensgrundsätzen Selbstzahler sind mit den Regelungen des SGB V zur Beitragsfreiheit von Elterngeld auch unter Berücksichtigung des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes vereinbar. Danach ist weder die Reduzierung der Beitragsbemessungsgrundlage um das Mindestelterngeld noch die Berücksichtigung eines Freibetrags in Höhe des tatsächlich gezahlten Elterngelds geboten. Es ist auch unter Berücksichtigung des besonderen Schutzes von Ehe und Familie mit dem allgemeinen Gleichheitssatz vereinbar, dass die Klägerin in der Elternzeit höhere Beiträge zu zahlen hatte als eine unverheiratete Mutter. Diese punktuelle Benachteiligung ist hinzunehmen. Im System der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung sind Eheleute grundsätzlich durch die Möglichkeit der beitragsfreien Familienversicherung privilegiert, die nichtehelichen Lebenspartnern nicht offen steht. Gehören die Eheleute - wie vorliegend - verschiedenen Versicherungssystemen an, zeichnet die Regelung zur Berücksichtigung des Ehegatteneinkommens die Verteilung der wirtschaftlichen Ressourcen in einer Ehe verfassungsgemäß mit dem Ziel nach, typisierend die Gruppen von Eheleuten in verschiedenen Versicherungssystemen mit Eheleuten gleichzustellen, die beide in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind. Die höhere Beitragslast ist damit nicht auf die Ehe zurückzuführen, sondern die Folge der freien Entscheidung der Eheleute für verschiedene Versicherungssysteme.

Den Bericht zu dem Verhandlungstermin des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie in dem Nachtrag zum Terminbericht 2/24.

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