Bundessozialgericht

Verhandlung B 3 KR 12/22 R

Krankenversicherung - Vergütung - häusliche Krankenpflege - Versorgungsvertrag - Rechtsnachfolge

Verhandlungstermin 22.02.2024 10:00 Uhr

Terminvorschau

Dr. R. & Team GbR ./. Mercedes-Benz BKK
Im Streit steht ein höherer Vergütungsanspruch für erbrachte Leistungen der häuslichen Krankenpflege von Mai 2007 bis März 2011.

Die Klägerin, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), erbrachte von Mai 2007 bis Februar 2010 Leistungen der häuslichen Krankenpflege gegenüber einem Versicherten der Beklagten (Intensivpflege 24 Stunden täglich). In einer Ergänzungsvereinbarung der Beteiligten zu ihrem Versorgungsvertrag war die Stundenvergütung hierfür bestimmt. Zeitanteile für die grundpflegerischen Leistungen wurden bei der Vergütung in Abzug gebracht. Ende 2009/Anfang 2010 wurde die GbR in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) überführt. Nach dem Gesellschaftsvertrag leisteten die mit denen der GbR personenidentischen Gesellschafter der GmbH ihre Einlagen durch Übertragung ihrer Anteile an der GbR mit allen Aktiva und Passiva auf die GmbH, was in 2010 erfolgte. Ab März 2010 erbrachte die GmbH die Leistungen der häuslichen Krankenpflege gegenüber dem Versicherten und erhielt diese zu zunächst unveränderten Bedingungen von der Beklagten vergütet. Im Juli 2011 forderte die Klägerin als Liquidationsgesellschaft die Beklagte erfolglos auf, für von ihr in der Vergangenheit erbrachte Leistungen die geänderte Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum Zusammentreffen von Behandlungs- und Grundpflege umzusetzen und danach bislang nicht berücksichtigte Leistungen nachzuvergüten.

Mit ihrer im Dezember 2011 erhobenen Klage verfolgte sie diesen Vergütungsanspruch weiter und erweiterte die Klage um einen entsprechenden Nachvergütungsanspruch für von der GmbH von März 2010 bis März 2011 erbrachte Leistungen; insoweit berief sie sich auf eine Abtretung und Prozessstandschaft. Das Sozialgericht hat die auf Zahlung von 103 219,91 Euro nebst Zinsen gerichtete Klage abgewiesen: Sie sei unzulässig, weil die Klägerin im Zeitpunkt der Klageerhebung nicht mehr existiert habe; es sei von einer Übertragung der Anteile zum 28. Februar 2010 auszugehen. Das Landessozialgericht hat die Berufung zurückgewiesen: Die Klage sei zu Recht als unzulässig abgewiesen worden. Die Klägerin habe bei Klageerhebung keine Rechte mehr innegehabt, diese seien vollständig auf die GmbH übergegangen gewesen. Eine spätere Abtretung oder sonstige Übertragung von Forderungen der GmbH gegen die Beklagte sowie eine Prozessstandschaft der Klägerin für die GmbH schieden aus, weil die Klägerin bereits bei Klageerhebung nicht mehr existiert habe. Im Übrigen wäre die Klage jedenfalls unbegründet, weil die Bewilligungsbescheide gegenüber dem Versicherten bestandskräftig seien.

Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Sie sei durch die Gründung der GmbH nicht erloschen, aktivlegitimiert und habe Anspruch auf die begehrte Zahlung. Eine Rechtsnachfolge der GmbH in die Vereinbarungen der Klägerin mit der Beklagten sei nicht erfolgt.

Verfahrensgang:
Sozialgericht Hannover, S 86 KR 1442/11, 01.09.2017
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, L 4 KR 478/17, 09.12.2021

Sämtliche Vorschauen zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 1/24.

Terminbericht

Die Revision der Klägerin war erfolglos. Zutreffend haben die Vorinstanzen entschieden, dass ihre Klage unzulässig war.

Die Klägerin war zum Zeitpunkt der Klageerhebung vor dem Sozialgericht im Dezember 2011 nicht mehr beteiligtenfähig. Fähig, am sozialgerichtlichen Verfahren beteiligt zu sein, sind unter anderem juristische Personen (§ 70 Nummer 1 SGG). Als solche werden nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wie des Bundessozialgerichts auch Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR) anerkannt. Die hier klagende, 2006 gegründete GbR war mit Übertragung sämtlicher Anteile an ihr mit allen Aktiva und Passiva durch ihre Gesellschafter auf eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) liquidationslos vollbeendet und erloschen spätestens zum Zeitpunkt der Eintragung der GmbH in das Handelsregister im November 2010. Jedenfalls zu diesem vor Klageerhebung liegenden Zeitpunkt endete die Beteiligtenfähigkeit der Klägerin. Die beteiligtenfähige GmbH als ihre Gesamtrechtsnachfolgerin hat zu keinem Zeitpunkt Klage auf die hier streitige Nachvergütung erhoben. Sie ist auch nicht durch einen gesetzlichen Beteiligtenwechsel im Verfahren zur Klägerin geworden, weil sie Gesamtrechtsnachfolgerin der klagenden GbR bereits vor deren Klageerhebung war.

Unzulässig war danach nicht nur die Klage der GbR auf Nachvergütung für von ihr erbrachte Leistungen der häuslichen Krankenpflege aus eigenem Recht, sondern auch aus dem von ihr während des Verfahrens geltend gemachten, durch die GmbH in 2011 an sie abgetretenem Recht sowohl für zunächst von der GbR als auch sodann von der GmbH erbrachte Leistungen. Zum Zeitpunkt, zu dem die behauptete Abtretung erfolgt sein soll, war die Klägerin bereits vollbeendet und erloschen. Zu diesem Zeitpunkt war sie weder als eine Abtretungsempfängerin rechtlich existent noch für die Geltendmachung abgetretener Rechte beteiligtenfähig.

Der Senat konnte offen lassen, ob, wie auch während des Verfahrens von der Klägerin geltend gemacht, in 2011 eine neue GbR gegründet worden war, an die Nachvergütungsansprüche sowohl der klagenden GbR als auch der GmbH zur gerichtlichen Verfolgung abgetreten sein sollen. Eine neue GbR hat weder Klage auf Nachvergütung erhoben noch kann sie Rechtsnachfolgerin der Klägerin geworden sein, die bereits zum Zeitpunkt der behaupteten GbR-Neugründung vollbeendet und erloschen und deren Gesamtrechtsnachfolgerin die GmbH war. Ein gesetzlicher Beteiligtenwechsel war auch insoweit ausgeschlossen.

Ein gewillkürter Beteiligtenwechsel war als Änderung ihrer Klage weder von der Klägerin geltend gemacht worden noch wäre er im Revisionsverfahren zulässig gewesen.

Sämtliche Berichte zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 1/24.

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