Verhandlung B 5 R 12/22 R
Rentenversicherung - Versorgungsausgleich - Abänderungsverfahren - Rentnerprivileg
Verhandlungstermin
22.02.2024 14:30 Uhr
Terminvorschau
J. B. ./. DRV Westfalen
Im Streit steht die Höhe einer Erwerbsminderungsrente nach rechtskräftiger Abänderung eines Versorgungsausgleichs sowie die Erstattung von geleisteten Rentenzahlungen.
Der Kläger bezieht seit Juni 2009 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung von der Beklagten. Im August 2009 wurde seine Ehe geschieden und es erfolgte ein Versorgungsausgleich nach dem bis zum 31. August 2009 geltenden Recht zu seinen Lasten. Unter Anwendung des sogenannten "Rentnerprivilegs" wurde der Versorgungsausgleich zunächst nicht bei der Rente des Klägers berücksichtigt, weil seine frühere Ehefrau noch keine Rente bezog. Im Juni 2015 beantragte der Kläger beim Amtsgericht erfolgreich die Abänderung des Versorgungsausgleichs. Zur Anwendung kam nunmehr das seit dem 1. September 2009 geltende Recht. Der Versorgungsausgleich wurde für die Zeit ab dem 1. Juli 2015 geändert. Insgesamt wurden weniger Entgeltpunkte zu Lasten des Klägers auf das Versicherungskonto seiner geschiedenen Ehefrau übertragen. Im Anschluss berücksichtigte die Beklagte erstmalig die Abschläge aus dem Versorgungsausgleich bei der Berechnung der Rente des Klägers ab dem 1. Juli 2015 und stellte eine Überzahlung in Höhe von 820 Euro fest. Der Widerspruch blieb erfolglos.
Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen, das Landessozialgericht die Berufung zurückgewiesen. Das "Rentnerprivileg" ende, wenn nach dem 31. August 2009 ein Abänderungsverfahren eingeleitet und der Versorgungsausgleich geändert werde. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut des § 268a Absatz 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch sowie aus der Gesetzesbegründung zur Abschaffung des Rentnerprivilegs. Weder Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes noch verfassungsrechtliche Bedenken stünden dieser Auslegung entgegen.
Mit seiner Revision macht der Kläger geltend, es existiere nur ein Versorgungsausgleich zwischen den Parteien des Scheidungsverfahrens. Das Abänderungsverfahren sei lediglich als Fortsetzung des Erstverfahrens über den Versorgungsausgleich zu qualifizieren. Er habe zudem auf die ursprüngliche Rentenhöhe vertraut.
Verfahrensgang:
Sozialgericht Münster, S 24 R 386/16, 15.01.2019
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, L 2 R 67/19, 05.10.2021
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Terminbericht
Die Revision des Klägers hatte keinen Erfolg. Die Beklagte hat nach der Abänderung des Versorgungsausgleichs zu Recht ab dem 1. Juli 2015 die Rente des Klägers erstmalig um einen Abschlag aus dem Versorgungsausgleich verändert und eine Erstattung der überzahlten Rente verlangt.
Anders als noch nach der Entscheidung des Familiengerichts über den Versorgungsausgleich im August 2009 wird nach Abänderung des Versorgungsausgleichs die Rente des Klägers nicht erst zu dem Zeitpunkt um einen Abschlag verändert, zu dem bei einer Rente aus der Versicherung der geschiedenen Ehefrau ein Zuschlag berücksichtigt wird. Dieses "Rentnerprivileg" wurde zeitgleich mit der Einführung des neuen Versorgungsausgleichsrechts zum 1. September 2009 abgeschafft.
Der Kläger kann sich auch nicht auf die Übergangsvorschrift in § 268a Absatz 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch stützen. Die Voraussetzung dafür, dass das "Rentnerprivileg" ausnahmsweise weiterhin anzuwenden ist, wenn vor dem 1. September 2009 "das Verfahren über den Versorgungsausgleich eingeleitet worden ist", ist nicht erfüllt. Der Kläger hat den Antrag auf Abänderung des Versorgungsausgleichs erst im Juni 2015 gestellt. Das Abänderungsverfahren stellt ein selbstständiges Verfahren über den Versorgungsausgleich dar. Für ein enges Verständnis der Übergangsvorschrift streitet auch ihr Sinn und Zweck unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte. Danach soll das "Rentnerprivileg" grundsätzlich nur zugunsten derjenigen Versicherten beibehalten werden, bei denen ein Versorgungsausgleich nach dem alten Recht im Sinne eines Einmalausgleichs durchgeführt wird. Das "Rentnerprivileg" ist nicht auf die Systematik des ab dem 1. September 2009 geltenden Versorgungsausgleichsrechts ausgerichtet. Die Übergangsvorschrift schützt auch nicht generell das Vertrauen in den dauerhaften Fortbestand der bisherigen Rentenhöhe. Die durch das Rentnerprivileg gewährte Vergünstigung war seit jeher zeitlich begrenzt und reichte stets nur bis zum Beginn der Rente an den ausgleichsberechtigten Ehegatten. Der Kläger hat zudem selbst durch seinen Abänderungsantrag eine neue Rechtslage geschaffen.
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