Bundessozialgericht

Verhandlung B 8 SO 16/22 R

Sozialhilfe - Erstattungsanspruch - Jugendhilfeträger - Sozialhilfeträger

Verhandlungstermin 29.02.2024 12:30 Uhr

Terminvorschau

Landkreis Cuxhaven ./. Bezirk Unterfranken

Das Jugendamt einer im Zuständigkeitsbereich des beklagten überörtlichen Trägers gelegenen Stadt gewährte der 1989 geborenen H, deren Mutter in der Stadt lebte, seit 1995 Leistungen der Hilfe zur Erziehung in Form stationärer Unterbringung. Am 28. Februar 1999 zog die allein sorgeberechtigte Mutter in einen Ort im Kreisgebiet des klagenden Landkreises. Der Aufforderung der Stadt, den Hilfefall als nun örtlich zuständiger Jugendhilfeträger zu übernehmen und die ab dem Zuzug der Mutter entstandenen Kosten der Jugendhilfe zu erstatten, kam der Kläger unter Hinweis auf die gegenüber der Jugendhilfe vorrangige Zuständigkeit des Beklagten für die Eingliederungshilfe für geistig behinderte junge Menschen als Sozialhilfe nicht nach. Er ist in der Folge vom Verwaltungsgericht zur Erstattung der bis Juli 2008 aufgelaufenen Kosten in Höhe von rund 380 000 Euro an die Stadt verurteilt worden. Wegen dieser Kosten macht der Kläger nun einen Erstattungsanspruch gegenüber dem Beklagten geltend. Die Klage und die Berufung waren im Wesentlichen erfolglos. Das Landessozialgericht hat ausgeführt, ein Erstattungsanspruch nach § 104 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - scheide aus, weil der Kläger an H nicht selbst die Leistungen der Heimerziehung erbracht, sondern die entsprechenden Aufwendungen der Stadt Würzburg nach § 89c Sozialgesetzbuch Achtes Buch - Kinder- und Jugendhilfe - erstattet habe. Diese Erstattungsleistung sei kein tauglicher Gegenstand eines (weiteren) Erstattungsverfahrens nach § 104 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Revision. Zwischen ihm und der Stadt habe ein gesetzliches Auftragsverhältnis aufgrund von § 86c Absatz 1 Sozialgesetzbuch Achtes Buch bestanden, so dass die von der Stadt gewährten Jugendhilfeleistungen dem Kläger wie eigene zuzurechnen seien und das Tatbestandmerkmal der „Sozialleistung“ im Sinne des § 104 Absatz 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch erfüllt sei.

Verfahrensgang:
Sozialgericht Stade, S 19 SO 76/17 WA, 21.03.2018
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen,L 8 SO 91/18, 08.09.2022

Sämtliche Vorschauen zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 4/24.

Terminbericht

Der Senat hat die Revision des Klägers zurückgewiesen. Zu Recht haben die Vorinstanzen die Klage auf Erstattung von zuvor von dem Kläger an die im Zuständigkeitsbereich des beklagten überörtlichen Trägers gelegenen Stadt erstattete Aufwendungen der Jugendhilfe für die Leistungsberechtigte abgewiesen, soweit diese die Zeit bis zur Übernahme des Falles betreffen. Ein solcher Erstattungsanspruch besteht nach den alleine in Betracht kommenden Erstattungsvorschriften des Zehntes Buch Sozialgesetzbuchs nicht, weil der geltend gemachte Erstattungsanspruch nach § 89c Sozialgesetzbuch Achtes Buch keine “Sozialleistungen“ im Sinne dieser Vorschriften betrifft. Dem Kläger kann die Gewährung von Leistungen der Stadt an die Leistungsberechtigte auch nicht über ein Auftragsverhältnis wie eigenes Handeln zugerechnet werden. Der weiterleistende Jugendhilfeträger, also die Stadt, erbringt die fortdauernde Leistung bei Zuständigkeitswechsel nach § 86c Absatz 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Achtes Buch nicht kraft gesetzlichen Auftrags als fremde Angelegenheit für den nunmehr zuständigen Jugendhilfeträger. Vielmehr erfolgt die fortdauernde Leistung bis zur tatsächlichen Fallübernahme durch den nunmehr örtlich zuständigen Jugendhilfeträger alleine als eigene, dem bislang örtlich zuständigen Jugendhilfeträger gesetzlich zugeordnete Aufgabe.

Sämtliche Berichte zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 4/24.

Hinweis zur Verwendung von Cookies

Wir verwenden ausschließlich Sitzungs-Cookies, die für die einwandfreie Funktion unserer Webseite erforderlich sind. Mit der Nutzung unserer Dienste erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir diese Cookies einsetzen. Unsere Informationen zum Datenschutz erhalten Sie über den Link Datenschutz.

OK