Verhandlung B 8 SO 4/23 R
Sozialhilfe - häusliche Pflege - Pflegegeld - Pflegeperson - Bezug von Altersrente -Rentenversicherung - Beiträge - Pflichtversicherung
Verhandlungstermin
08.05.2024 10:00 Uhr
Terminvorschau
P. L. ./. Stadt Bochum, beigeladen: A. K.
Die Klägerin mit einem Pflegegrad 3 ist nicht nach dem Gesetzbuch Elftes Buch in der Sozialen Pflegeversicherung versichert und bezieht von der beklagten Stadt Pflegegeld nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch. Sie wird von der Beigeladenen, ihrer Tochter, als Pflegeperson gepflegt. Die 1959 geborene Pflegeperson ist verheiratet, nicht erwerbstätig und nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert, jedoch besteht eine Rentenanwartschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung und sie bezieht bereits eine geringe Altersrente aus Moldawien in Höhe von rund 45 Euro. Den Antrag der Klägerin auf Übernahme von Beiträgen für die Alterssicherung der Pflegeperson lehnte die Beklagte ab. Die Klage ist erfolglos geblieben. Das Landessozialgericht hat den Beklagten zur Übernahme der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung auf der Grundlage von beitragspflichtigen Einnahmen in Höhe von 43 Prozent der monatlichen Bezugsgröße verurteilt. Vorliegend baue die Pflegeperson während der Pflegetätigkeit keine anderweitige Altersvorsorge auf. Dies allein führe - wie in der Sozialen Pflegeversicherung - zu dem geltend gemachten Anspruch auf Übernahme von Beiträgen. Auf eine Absicherung für das Alter durch den Ehemann komme es nicht an. Die Höhe der zu übernehmenden Altersvorsorgebeiträge ergebe sich aus einer analogen Anwendung von § 44 Absatz 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch.
Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Revision. Wie bereits das Bundesverwaltungsgericht entschieden habe, komme eine Übernahme von Beiträgen nur in Betracht, wenn dadurch prognostisch Sozialhilfebedürftigkeit im Alter vermieden werde und keine anderweitige Alterssicherung bestehe. Dabei müsse die vom Ehemann aufgebaute Absicherung berücksichtigt werden.
Verfahrensgang:
Sozialgericht Dortmund, S 41 SO 42/20, 17.09.2021
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, L 9 SO 387/21, 16.02.2023
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Terminbericht
Der Senat hat die Entscheidung des Landessozialgerichts aufgehoben und die Sache zurückverwiesen. Nach § 64f Absatz 1 SGB XII sind die Aufwendungen unter anderem für die Beiträge einer Pflegeperson für eine angemessene Alterssicherung zu erstatten, soweit diese nicht anderweitig sichergestellt ist. Jedenfalls bei einer bereits bestehenden Rentenanwartschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung, welche durch freiwillige Beiträge aufgestockt werden kann, ist dabei nicht erforderlich, dass mit der eigenen Alterssicherung ein bestimmtes Mindestsicherungsniveau erreicht wird. Auch aus Sicht des zu Pflegenden, der (ausnahmsweise) keine Leistungen aus der Sozialen Pflegeversicherung erhält, besteht das Bedürfnis für eine bessere Absicherung der Pflegeperson, um die Bereitschaft zur Pflege gerade im nahen Umfeld zu stärken. Zugleich darf jedoch eine angemessene Alterssicherung nicht bereits anderweitig sichergestellt sein. Der Senat folgt der Auffassung des Landessozialgerichts nicht, dass nach Einführung der Sozialen Pflegeversicherung eine angemessene Alterssicherung auch im Bereich der Hilfe zur Pflege nur dann anderweitig sichergestellt ist, wenn während der Pflegetätigkeit bereits ein Aufbau einer Alterssicherung stattfindet. Entscheidend bleibt bei der Hilfe zur Pflege als Leistung der Sozialhilfe vielmehr, ob bei prognostischer Beurteilung der im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt bekannten Umstände zu erwarten ist, dass die Pflegeperson Grundsicherung im Alter nicht wird in Anspruch nehmen müssen. Lebt die Pflegeperson in einer Ehe oder eheähnlichen Partnerschaft ist dabei entgegen der Auffassung des Landessozialgerichts auch das vom Partner bereits erreichte Absicherungsniveau miteinzubeziehen. Entscheidend für den Anspruch im vorliegenden Fall ist also, ob die zu erwartende Alterssicherung der Tochter und ihres Ehemannes oberhalb des aktuellen Niveaus der Grundsicherung in Höhe der maßgeblichen Regelbedarfsstufe, der Kosten für Unterkunft und Heizung und etwaiger Mehrbedarfe liegt.
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