Verhandlung B 1 KR 20/23 R
Krankenversicherung - Krankenhausvergütung - Kodierung - intensivmedizinische Komplexbehandlung - Behandlungsleitung - Facharzt mit Zusatzweiterbildung „Intensivmedizin“
Verhandlungstermin
25.06.2024 12:00 Uhr
Terminvorschau
E. e.V. ./. Kaufmännische Krankenkasse - KKH
Die Beteiligten streiten über die Vergütung einer Krankenhausbehandlung.
In dem zugelassenen Krankenhaus des Klägers wurde in der Zeit vom 28. Dezember 2015 bis 4. Februar 2016 eine an einer Gelbsucht sowie einer bösartigen Neubildung des Nierenbeckens leidende Versicherte der beklagten Krankenkasse vollstationär behandelt. Der Kläger rechnete den Behandlungsfall gegenüber der Beklagten nach Maßgabe der Fallpauschale L36Z ab und verschlüsselte hierfür Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS) 8-980.20 für eine intensivmedizinische Komplexbehandlung (Basisprozedur). Die Beklagte zahlte den sich daraus ergebenden Rechnungsbetrag von 25 231,03 Euro unter Vorbehalt und verrechnete nach einer Prüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung 13 028,61 Euro mit anderen - für sich genommen unstreitigen - Forderungen des Klägers. Sie machte geltend, die für die Kodierung des OPS 8-980 erforderliche lückenlose Behandlungsleitung durch einen Facharzt mit Zusatzbezeichnung "Intensivmedizin" an Wochenenden, Feiertagen und in der Urlaubszeit sei für den streitigen Behandlungszeitraum nicht belegt. Die Vergütung berechne sich deshalb nach der geringer bewerteten Fallpauschale L09C.
Die auf Zahlung des verrechneten Betrages nebst Zinsen gerichtete Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Das Landessozialgericht hat zur Begründung ausgeführt: Die von OPS 8-980 verlangte Behandlungsleitung durch einen Facharzt mit der Zusatzweiterbildung "Intensivmedizin" erfordere, dass ein solcher auch an Wochenenden und Feiertagen täglich persönlich im Krankenhaus anwesend sei. Die beiden auf der Intensivstation des Klägers dienstplanmäßig tätigen Fachärzte mit der Zusatzweiterbildung "Intensivmedizin" seien ausweislich der von dem Kläger vorgelegten Dienstpläne in der Zeit vom 8. Januar 2016 15:30 Uhr bis 11. Januar 2016 7:00 Uhr nicht im Dienst gewesen und hätten damit eine Behandlungsleitung nicht wahrnehmen können. Auch eine Rufbereitschaft oder sonstige Maßnahmen zur Ermöglichung einer persönlichen Anwesenheit der Behandlungsleitung hätten nicht bestanden.
Mit seiner Revision rügt der Kläger sinngemäß eine Verletzung des OPS 8-980.
Vorinstanzen:
Sozialgericht Dresden, S 18 KR 531/18, 04.11.2020
Sächsisches Landessozialgericht, L 1 KR 539/20,14.06.2023
Die Vorschau zu dem Verhandlungstermin des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 22/24.
Terminbericht
Die Revision des Klägers hatte keinen Erfolg. Die von OPS 8-980 (Version 2015) verlangte Behandlungsleitung durch einen Facharzt mit der Zusatzweiterbildung "Intensivmedizin" erfordert bei einer intensivmedizinischen Behandlung, dass ein solcher Facharzt zumindest einmal täglich persönlich auf der Intensivstation anwesend ist und im Übrigen eine durchgehende Rufbereitschaft besteht. Dies folgt aus einer eng am Wortlaut orientierten und durch systematische Erwägungen unterstützten Auslegung des OPS 8-980. Dabei sind auch die Besonderheiten der intensivmedizinischen Behandlung zu berücksichtigen, bei der behandlungsleitende Entscheidungen auch unvorhergesehen zu jeder Zeit kurzfristig erforderlich werden können. Danach war das Mindestmerkmal in dem streitigen Behandlungsfall nicht erfüllt. Die beiden im Krankenhaus des Klägers seinerzeit auf der Intensivstation dienstplanmäßig tätigen Fachärzte mit der Zusatzweiterbildung "Intensivmedizin" waren nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des Landessozialgerichts an einem Wochenende während der Behandlung von Freitagnachmittag bis Montagfrüh beide nicht im Dienst und konnten damit eine Behandlungsleitung nicht wahrnehmen.
Sämtliche Berichte zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 22/24.