Bundessozialgericht

Verhandlung B 3 KS 1/23 R

Künstlersozialversicherung - Versicherungspflicht - Tattookünstlerin - Illustratorin

Verhandlungstermin 27.06.2024 12:00 Uhr

Terminvorschau

D. P. ./. Künstlersozialkasse bei der Unfallversicherung Bund und Bahn
Im Streit steht die Feststellung einer Versicherungspflicht in der Künstlersozialversicherung ab 28. Mai 2020. 

Die 1987 geborene Klägerin ist diplomierte Designerin und erzielt seit 2017 den überwiegenden Anteil ihrer Einnahmen als Tätowiererin. Darüber hinaus ist sie als Illustratorin und Zeichnerin selbständig tätig. Sie nahm an Ausstellungen teil und gewann hierbei auch Preise. Ihren Antrag auf Feststellung der Versicherungspflicht nach dem KSVG lehnte die beklagte Künstlersozialkasse ab: Tätowierer seien nach dem Bundessozialgericht nur dann bildende Künstler im Sinne von § 2 Satz 1 KSVG, wenn sie mit ihren Arbeiten Aufmerksamkeit und Anerkennung über den eigenen Kundenkreis und über die Szene der Tätowierer hinaus erzielten (Verweis auf Bundessozialgericht vom 28. Februar 2007 - B 3 KS 2/07 R - BSGE 98, 152 = SozR 4-5425 § 2 Nummer 11).

Das Sozialgericht hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben und festgestellt, dass die Klägerin in ihrer Tätigkeit als Tattookünstlerin und Illustratorin ab 28. Mai 2020 der Versicherungspflicht nach dem KSVG unterliegt: Im Hinblick auf Tätowierungen, wie sie von ihr gestochen würden, habe sich die allgemeine Verkehrsanschauung seit dem Urteil des Bundessozialgerichts aus 2007 geändert. Es habe sich eine neue kreative Tätowierszene etabliert. Bei diesen Kreativen habe sich der Schwerpunkt von einer handwerklichen zu einer künstlerischen Betätigung entwickelt. Das Gericht sei davon überzeugt, dass die Klägerin eine klassische Tätigkeit als Illustratorin auf der Haut ihrer Kunden fortführe. Sei eine Tätowiererin, wie die Klägerin, diplomiert und in ihren Kreisen bereits eine anerkannte Künstlerin, bleibe sie dies auch dann, wenn sie lediglich einen Wirkbereich ihrer Kunst mittels handwerklicher Tätigkeit auf und in der Haut verewige. Das Landessozialgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen: Die Klägerin sei seit ihrem Studium in ihrem Gesamtwirken künstlerisch tätig und mit dieser einheitlich zu bewertenden Kunst - lediglich in ihren dargestellten Medien variierend - als Künstlerin anerkannt. Sie erstelle selbst individuelle Motive und setze diese als Tattoo um. Daher habe sie kein angestammtes handwerkliches Berufsfeld des Tätowierers verlassen, sondern ein solches zu keinem Zeitpunkt begründet.

Mit ihrer vom Landessozialgericht zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung von § 1 in Verbindung mit § 2 KSVG. Eine Änderung der Verkehrsanschauung seit dem Urteil des Bundessozialgerichts aus 2007 sei nicht dokumentiert. Für eine Unterscheidung von Tätowierern als Künstlern und Handwerkern fehlten zudem objektive Abgrenzungskriterien.

Verfahrensgang:
Sozialgericht Hamburg, S 48 KR 1782/21, 09.06.2022
Landessozialgericht Hamburg, L 1 KR 80/22 D, 22.12.2022

Sämtliche Vorschauen zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 21/24.

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