Bundessozialgericht

Verhandlung B 3 P 1/23 R

Pflegeversicherung - häusliche Pflege - Wohngruppenzuschlag - gemeinschaftlich beauftragte Person - Familienangehöriger

Verhandlungstermin 27.06.2024 14:30 Uhr

Terminvorschau

J. N. ./. Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See
Im Streit stehen im Rahmen von Überprüfungsverfahren Ansprüche auf Wohngruppenzuschläge ab 1. Februar 2016. 

Die drei pflegebedürftigen Kläger waren bis zu ihren Kassenwechseln bei der beklagten Pflegekasse versichert und im streitigen Zeitraum Teil eines in gemeinsamer Wohnung an wechselnden Wohnorten lebenden Familienverbunds: die 1955 geborene Mutter (B 3 P 3/23 R), ihr 1987 geborener Sohn (B 3 P 2/23 R) und das 2001 geborene Pflegekind (B 3 P 1/23 R). Mit ihnen lebte in der gemeinsamen Wohnung der 1958 geborene Ehemann, Vater und Pflegeelternteil, der auch Pflegeperson aller drei Pflegegeld beziehenden Kläger war. Nachdem im Januar 2016 eine weitere, 1992 geborene pflegebedürftige und bei einer anderen Pflegekasse versicherte Person

Aufnahme in die gemeinsame Wohnung fand, beantragten die Kläger im Februar 2016 jeweils als zusätzliche Leistung für Pflegebedürftige in ambulant betreuten Wohngruppen den Wohngruppenzuschlag (§ 38a SGB XI). Als gemeinschaftlich beauftragte Person gaben sie ihren Ehemann, Vater und Pflegeelternteil an, der unverändert ihre Pflegeperson blieb.

Die Beklagte lehnte die Anträge in 2016 ab, weil das Zusammenleben innerhalb eines Familienverbunds nicht den Zweck der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung verfolge, vielmehr werde dieser Zweck durch die familiäre Prägung der Verbundenheit überlagert. Die Ablehnungen wurden von den Klägern nicht angefochten.

Nachdem in 2017 der 2016 in die gemeinsame Wohnung aufgenommenen weiteren Person von ihrer Pflegekasse der Wohngruppenzuschlag ab Februar 2016 bewilligt worden war, beantragten die Kläger bei ihrer beklagten Pflegekasse die Überprüfung nach § 44 SGB X der unanfechtbar gewordenen Ablehnungsbescheide. Die Beklagte lehnte eine Rücknahme dieser Bescheide nach deren Überprüfung ab: Es sei nicht in ausreichendem Maße dargelegt und durch Unterlagen nachgewiesen worden, dass die vom Bundessozialgericht aufgestellten Kriterien für einen Anspruch auf Wohngruppenzuschlag in familiären Wohngruppen erfüllt seien (Verweis auf Bundessozialgericht vom 18. Februar 2016 - B 3 P 5/14 R - BSGE 120, 271 = SozR 4-3300 § 38a Nummer 1).

Während des Klageverfahrens wurde in 2019 auch der von den Klägern als gemeinschaftlich beauftragte Person angegebene Ehemann, Vater und Pflegeelternteil pflegebedürftig und erhielt von seiner Pflegekasse den Wohngruppenzuschlag bewilligt. Für die Kläger wurden Wechsel in der gemeinschaftlich beauftragten Person mitgeteilt. Das Sozialgericht hat die Klagen abgewiesen: Im Zeitpunkt der Ablehnungsentscheidungen der Beklagten in 2016 hätten die Kläger nicht nachgewiesen, dass in ihrer Konstellation der durch den Gesetzgeber mit dem Wohngruppenzuschlag geförderte Zweck der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung vorgelegen habe. Während des Berufungsverfahrens erhielt in 2021 nach seinem Kassenwechsel der Kläger im Verfahren B 3 P 2/23 R von seiner Pflegekasse den Wohngruppenzuschlag bewilligt. Das Landessozialgericht hat nach Beweisaufnahmen in einem Erörterungstermin und im Termin zur mündlichen Verhandlung die Berufungen zurückgewiesen: Zwar könne auch ein Familienangehöriger eine gemeinschaftlich beauftragte Person sein, ihm müssten jedoch Aufgaben übertragen worden sein, die ihm nicht bereits als Familienangehöriger oder als Pflegeperson oblägen. Das Gericht habe sich nicht davon zu überzeugen vermocht, dass die Tätigkeiten, die im streitigen Zeitraum von den seitens der Kläger als gemeinschaftlich beauftragt benannten Personen verrichtet worden seien oder noch würden, über die familiären Aufgaben im Familienverbund beziehungsweise die Leistungsinhalte der häuslichen Pflege hinausgingen und sich auf die Organisation und die Förderung des Gemeinschaftslebens oder die Unterstützung der Wohngruppe bei der Haushaltsführung unter Einbeziehung der pflegebedürftigen Kläger bezögen.

Mit ihren vom Landesozialgericht zugelassenen Revisionen rügen die Kläger eine Verletzung des § 44 Absatz 1 SGB X und des § 38a SGB XI. Die Voraussetzungen für den Wohngruppenzuschlag seien bereits im Zeitpunkt der Entscheidungen der Beklagten in 2016 erfüllt gewesen; insbesondere sei eine ausreichende Abgrenzbarkeit der Tätigkeiten der als Präsenzkräfte benannten Personen von den familiären Aufgaben beziehungsweise den Aufgaben der häuslichen Pflege gegeben.

Während des Revisionsverfahrens haben auch die Kläger in den Verfahren B 3 P 1/23 R und B 3 P 3/23 R die Pflegekasse gewechselt.

Verfahrensgang:
Sozialgericht Aurich, S 12 P 25/17, 16.11.2020
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, L 12 P 55/20, 27.10.2022

Sämtliche Vorschauen zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 21/24.

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