Bundessozialgericht

Verhandlung B 8 AY 6/23 R

Asylbewerberleistungsrecht - Ablehnung Asylantrag - Anspruchseinschränkung - Sachleistungen - pflichtwidriges Verhalten 

Verhandlungstermin 25.07.2024 10:30 Uhr

Terminvorschau

F. B. ./. Landkreis Schweinfurt
Der 2002 geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger. Er reiste erstmals am 25. August 2021 nach Deutschland ein und beantragte Asyl. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ersuchte unter anderem Rumänien um dessen Übernahme, weil er nach den Erkenntnissen aus der Eurodac-Datenbank am 6. August 2021 in Rumänien einen Asylantrag gestellt und später zurückgenommen hatte. Rumänien akzeptierte das Übernahmeersuchen. Das Bundesamt lehnte daraufhin den Asylantrag des Klägers als unzulässig ab. Zugleich ordnete es die Abschiebung nach Rumänien an. Eine Überstellung scheiterte zuletzt, weil Rumänien nach Beginn der Ukrainekrise ab dem 1. März 2022 keine Überstellungen mehr annahm.

Der Kläger lebte in einer Erstaufnahmeeinrichtung im beklagten Landkreis, wo er zunächst Sach- und Geldleistungen nach §§ 3, 3a Asylbewerberleistungsgesetz erhielt. Der Beklagte hob diese Bewilligung nach Anhörung des Klägers nach Mitteilung über die Entscheidung des Bundesamts mit Wirkung für die Zukunft auf und bewilligte ab dem 1. Januar 2022 gestützt auf § 1a Absatz 7 Asylbewerberleistungsgesetz in Verbindung mit § 1a Absatz 1 Asylbewerberleistungsgesetz lediglich Sachleistungen für Ernährung, Unterkunft und Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege sowie Krankenhilfe für den Krankheitsfall. Die Klage auf höhere Leistungen für die Zeit vom 1. Januar 2022 bis 22. Februar 2022 und dabei in erster Linie auf Geldleistungen zur Deckung notwendiger persönlicher Bedarfe hat das Sozialgericht abgewiesen. Das Landessozialgericht hat auf die Berufung der Klage stattgegeben, weil nach seiner Auffassung die Einschränkung nach § 1a Absatz 7 Asylbewerberleistungsgesetz ein pflichtwidriges Verhalten fordere, das nicht vorliege.

Hiergegen richtet sich die Revision des Beklagten.

Verfahrensgang:
Sozialgericht Würzburg, S 18 AY 58/22, 20.01.2023
Bayerisches Landessozialgericht L 8 AY 7/23, 31.05.2023

Sämtliche Vorschauen zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 27/24.

Terminbericht

Der Kläger, zu dessen Lasten im streitigen Zeitraum der Tatbestand einer Leistungseinschränkung nach § 1a Absatz 7 Asylbewerberleistungsgesetz erfüllt ist, unterfällt in diesem Zeitraum dem Anwendungsbereich der sogenannten Aufnahmerichtlinie (Richtlinie 2013/33/EU). Dem Senat stellt sich damit die Frage nach der Vereinbarkeit der Regelungen in § 1a Absatz 7 Asylbewerberleistungsgesetz mit Europäischem Recht, insbesondere ob das im nationalen Recht vorgesehene Leistungsniveau für Antragsteller während des Laufs der Überstellungsfrist nach der Dublin-III-VO (Verordnung (EU) Nummer 604/2013) den Anforderungen der Aufnahmerichtlinie genügt. Der Senat hat den Rechtsstreit deshalb ausgesetzt und dem Europäischen Gerichtshof gemäß Artikel 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union folgende Fragen zur Auslegung der Aufnahmerichtlinie in Verbindung mit der Dublin-III-Verordnung zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Deckt eine Regelung eines Mitgliedsstaats, die Antragstellern auf internationalen Schutz abhängig von ihrem Status als vollziehbar Ausreisepflichtige innerhalb der Überstellungsfrist nach der Verordnung (EU) Nummer 604/2013 ausschließlich einen Anspruch auf Unterkunft, Ernährung, Körper- und Gesundheitspflege und Behandlung im Krankheitsfall sowie nach den Umständen im Einzelfall Kleidung und Gebrauchs- und Verbrauchsgüter des Haushalts gewährt, das in Artikel 17 Absatz 2 und Absatz 5 Richtlinie 2013/33/EU beschriebene Mindestniveau ab?

Sollte Frage 1 verneint werden:

2.a) Ist Artikel 20 Absatz 1 Satz 1 Buchstabe c Richtlinie 2013/33/EU in Verbindung mit Artikel 2 q Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes dahin auszulegen, dass von einem Folgeantrag auch Sachverhalte erfasst werden, in denen der Antragsteller bereits zuvor in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat und darauf gestützt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Antrag als unzulässig nach der Verordnung (EU) Nummer 604/2013 abgelehnt und die Abschiebung angeordnet hat?

b) Kommt es für die Frage, ob in dieser Konstellation ein Folgeantrag im Sinne von Artikel 2 q Richtlinie 2013/32/EU vorliegt, auf den Zeitpunkt einer Rücknahme oder den Zeitpunkt einer Entscheidung des anderen Mitgliedstaat nach Artikel 27 oder Artikel 28 Richtlinie 2013/32/EU an?

c) Ist Artikel 20 Absatz 1 Satz 1 Buchstabe c in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 5 und 6 Richtlinie 2013/33/EU in Verbindung mit der Charta der Grundrechte dahin auszulegen, dass eine Einschränkung der im Rahmen der Aufnahme gewährten Leistungen auf Leistungen zur Deckung des Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege und Leistungen im Fall der Krankheit sowie - nach Maßgabe des Einzelfalls - an Kleidung und Gebrauchs-und Verbrauchsgütern des Haushalts zulässig ist?

Sämtliche Berichte zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 27/24.

 

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