Bundessozialgericht

Verhandlung B 12 KR 9/23 R

Versicherungs- und Beitragsrecht - Krankenversicherung - freiwillig Versicherung - Rente - Versorgungsbezug - betriebliche Altersversorgung - Beitragsbemessung - Freibetrag

Verhandlungstermin 05.11.2024 11:15 Uhr

Terminvorschau

J. H. ./. Audi BKK
In den Verfahren B 12 KR 9/23 R, B 12 KR 3/23 R und B 12 KR 11/23 R wenden sich die als Rentner in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig versicherten Kläger gegen die Höhe der für die Zeit ab 1. Januar 2020 festgesetzten Krankenversicherungsbeiträge. Neben einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen sie Versorgungsbezüge aus einer betrieblichen Altersversorgung. Sie begehren eine Reduzierung der Krankenversicherungsbeiträge durch den Abzug des zum 1. Januar 2020 für Renten der betrieblichen Altersversorgung eingeführten Freibetrags.

Klagen und Berufungen der Kläger sind jeweils erfolglos geblieben. Zur Begründung haben die beklagten Krankenkassen und die Instanzgerichte ausgeführt, dass die Freibetragsregelung auf freiwillig Krankenversicherte keine Anwendung finde. Sie dürfe an die grundlegenden Unterschiede von Pflicht- und freiwillig Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung anknüpfen. Die Ungleichbehandlung beruhe auf einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers. Sie begegne keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.

Mit ihren Revisionen rügen die Kläger eine Verletzung von § 226 Absatz 2 Satz 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch und Artikel 3 Absatz 1 Grundgesetz. Sachliche Gründe für eine Differenzierung zwischen pflicht- und freiwillig versicherten Rentnern beim Abzug des Freibetrags auf Renten der betrieblichen Altersversorgung seien nicht gegeben. Der Gesetzgeber habe unterschiedslos eine Stärkung der betrieblichen Altersvorsorge und eine Beitragsentlastung sämtlicher Betriebsrentner erreichen wollen.

Verfahrensgang:
Sozialgericht Hamburg, S 45 KR 2978/20, 12.12.2022
Landessozialgericht Hamburg, L 1 KR 2/23 D, 14.09.2023

Sämtliche Vorschauen zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 38/24.

Terminbericht

Die in der mündlichen Verhandlung auf die Beitragsfestsetzung für die Zeit vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2020 beschränkte Revision ist erfolglos geblieben. Als freiwillig versichertes Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung war dem Kläger auf die von ihm bezogenen Renten der betrieblichen Altersversorgung kein Freibetrag nach Maßgabe des § 226 Absatz 2 Satz 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch zu gewähren.

Der vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen in den Beitragsverfahrensgrundsätzen Selbstzahler untergesetzlich normierte Begünstigungsausschluss ist mit höherrangigem Recht vereinbar. Er steht mit der Ermächtigungsgrundlage des § 240 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch im Einklang und verletzt auch nicht den allgemeinen Gleichheitssatz des Artikel 3 Absatz 1 Grundgesetz. Zwar wird der Kläger gegenüber in der Krankenversicherung der Rentner Pflichtversicherten ungleich behandelt. Diese Ungleichbehandlung ist jedoch verfassungsrechtlich durch den unterschiedlichen Umfang der Vorversicherungszeiten in der gesetzlichen Krankenversicherung gerechtfertigt. Die beitragsrechtliche Privilegierung von Personengruppen unter dem Gesichtspunkt der "Systemtreue" haben der Senat und das Bundesverfassungsgericht bereits wiederholt als zulässiges Differenzierungskriterium erachtet. Soweit der Kläger auch gegenüber pflichtversicherten Beschäftigten mit Rentenbezug ungleich behandelt wird, sind ungeachtet der Frage nach einer bestimmten einschlägigen Vergleichsgruppe die Grenzen einer zulässigen typisierenden Differenzierung nicht überschritten. Der Gesetzgeber durfte sich realitätsgerecht am Regelfall orientieren und konnte beschäftigte Betriebsrentner bei der Anwendung des Freibetrags pauschalierend miterfassen, ohne deshalb auch freiwillig versicherte Rentner einbeziehen zu müssen.

Sämtliche Berichte zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 38/24.

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