Bundessozialgericht

Verhandlung B 1 KR 29/23 R

Krankenversicherung - Krankenhausvergütung - stationäre Krankenhausbehandlung - Bronchoskopie - Bronchoflex Tubus - Kodierung

Verhandlungstermin 14.11.2024 11:00 Uhr

Terminvorschau

K. S. B. GmbH ./. AOK Baden-Württemberg
Die Beteiligten streiten über die Vergütung stationärer Krankenhausbehandlung.

Die Klägerin behandelte einen Versicherten der beklagten Krankenkasse vom 11. bis 16. Dezember 2015 vollstationär in ihrem Krankenhaus wegen einer chronisch obstruktiven Atemwegserkrankung (COPD). Sie führte unter anderem eine Bronchoskopie über den gesicherten Atemweg unter tiefer Analgosedierung durch und verwendete hierzu einen sogenannten Bronchoflex Tubus, durch den sie ein flexibles Bronchoskop führte. Sie stellte der Beklagten 4761,93 Euro nach Fallpauschale E65A in Rechnung. Hierzu kodierte sie unter anderem OPS (Operationen- und Prozedurenschlüssel) 1-620.10 (Diagnostische Tracheobronchoskopie: Mit starrem Instrument: Ohne weitere Maßnahmen). Die Beklagte beglich den Rechnungsbetrag zunächst, rechnete dann aber - gestützt auf die Auffassung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung - 2279,96 Euro mit unstreitigen Forderungen der Klägerin auf. Wegen des verwendeten flexiblen Bronchoskops hätte OPS 1-620.00 (Diagnostische Tracheobronchoskopie: Mit flexiblem Instrument: Ohne weitere Maßnahmen) kodiert werden müssen.

Das Sozialgericht hat die Beklagte zur Zahlung des strittigen Betrags verurteilt. Das Landessozialgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen: Bei der Bronchoskopie sei eine kombiniert starr-flexible Technik angewandt worden. Zu Recht habe die Klägerin OPS 1-620.00 kodiert. Der verwendete Bronchoflex Tubus führe zu starr-ähnlichen Bedingungen mit einem gesicherten Atemweg. Es handele sich um eine Weiterentwicklung des starren Stahlrohrs mit starrem Bronchoskop hin zu einem Tubus (Schlauch), dessen Wände durch Metallspiralen verstärkt seien, wodurch das Lumen auch bei äußerem Druck nicht eingeengt werden könne. Mit ihrem erstmals im gerichtlichen Verfahren erhobenen Einwand, der Einsatz eines starren Instruments sei unwirtschaftlich gewesen, sei die Beklagte nach § 8 Prüfverfahrensvereinbarung (PrüfvV) 2014 präkludiert. Zudem sei die Verwendung des Bronchoflex Tubus medizinisch indiziert gewesen. Schließlich stehe dem Vergütungsanspruch keine mangelhafte Patientenaufklärung entgegen.

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung von § 109 Absatz 4 Satz 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, § 17b Absatz 1 Krankenhausfinanzierungsgesetz, § 7 Absatz 1 Nummer 1, § 8 Absatz 2 Satz 1 in Verbindung mit § 9 Absatz 1 Nummer 1 und 3 Krankenhausentgeltgesetz, sowie Anlage 1 Teil a der Fallpauschalenvereinbarung 2015 in Verbindung mit OPS (2015) 1-620.10 sowie § 17c Krankenhausfinanzierungsgesetz in Verbindung mit § 8 Prüfverfahrensvereinbarung 2014.

Verfahrensgang:
Sozialgericht Stuttgart, S 6 KR 5440/16, 03.12.2020
Landessozialgericht Baden-Württemberg, L 4 KR 35/21, 23.10.2023

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Terminbericht

Die Revision der beklagten Krankenkasse hatte Erfolg. Der Senat hat die vorinstanzlichen Entscheidungen aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Klägerin rechnete zu Unrecht nach der höher vergüteten Fallpauschale E65A ab. Denn sie war nicht berechtigt, den diese Fallpauschale ansteuernden Operationen und Prozedurenschlüssel (OPS) 1-620.10 (“…mit starrem Instrument…“) zu kodieren. Sie hätte vielmehr OPS 1-620.00 (“…mit flexiblem Instrument…“) kodieren müssen. Bei dem zur diagnostischen Bronchoskopie verwendeten Bronchoflex Tubus handelt es sich nicht um ein “starres Intrument“ im Sinne des OPS 1-620.10, sondern um ein flexibles Instrument (OPS 1-620.00). Dies folgt aus einer eng am Wortlaut orientierten Auslegung der genannten OPS-Kodes, die eine analoge Anwendung verbietet. Den Feststellungen des Landessozialgerichts lässt sich kein - in Ermangelung einer normativen Begriffsdefinition vorrangig heranzuziehender - eindeutiger medizinisch-wissenschaftlicher Sprachgebrauch für starre oder flexible Instrumente entnehmen. Nach dem dann maßgeblichen allgemeinsprachlichen Begriffskern ist der Bronchoflex Tubus als der Länge nach biegsames Instrument den flexiblen Instrumenten zuzuordnen, worauf auch bereits der Name “Bronchoflex“ hinweist.

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