Bundessozialgericht

Verhandlung B 1 KR 32/23 R

Krankenversicherung - Krankenhausvergütung - Abrechnungsprüfung - Erörterungsverfahren - Erstattung - Rechtsanwaltskosten

Verhandlungstermin 14.11.2024 12:15 Uhr

Terminvorschau

M. Krankenhaus gGmbH ./. Novitas BKK
Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Rechtsanwaltskosten, die dem klagenden Krankenhaus für seine anwaltliche Vertretung in einem vorgerichtlichen Erörterungsverfahren entstanden sind.

Die beklagte Krankenkasse zahlte die von der Klägerin in Rechnung gestellte Vergütung für die in der Zeit vom 22. bis 25. März 2022 durchgeführte Behandlung einer Versicherten. Nachdem der mit einer Abrechnungsprüfung beauftragte Medizinische Dienst die kodierte Nebendiagnose J96.09 für nicht berücksichtigungsfähig gehalten und die Klägerin der erbetenen Rechnungskorrektur widersprochen hatte, forderte die Beklagte zur Durchführung eines schriftlichen Erörterungsverfahrens Behandlungsunterlagen von der Klägerin an. Daraufhin bekräftigte ein von der Klägerin beauftragter Prozessbevollmächtigter deren Rechtsaufassung und legte verschiedene Unterlagen vor. Die Beklagte akzeptierte sodann die streitige Nebendiagnose und erklärte das Erörterungsverfahren für beendet. Der Prozessbevollmächtigte stellte der Klägerin für seine Tätigkeit 220,27 Euro in Rechnung. Die Klägerin begehrt von der Beklagten deren Erstattung.

Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen und die Sprungrevision zugelassen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Erstattung der Rechtsanwaltskosten. Mangels Verletzung nebenvertraglicher Rücksichts- und Sorgfaltspflichten durch die Beklagte könne sich ein Anspruch nicht aus § 69 Absatz 1 Satz 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) in Verbindung mit § 280 Absatz 1, § 241 Absatz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ergeben. Bei Zweifeln an der Richtigkeit der Abrechnung sei die Beklagte verpflichtet, den Medizinischen Dienst mit der Abrechnungsprüfung zu beauftragen. Auch in der Einleitung des Erörterungsverfahrens nach § 9 der Prüfverfahrensvereinbarung könne keine Pflichtverletzung liegen. Da die Beklagte die Rechnung zeitgerecht beglichen habe, scheide auch ein Anspruch aus Verzugsschaden aus. Eine analoge Anwendung von § 162 Absatz 2 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) oder § 63 Absatz 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) komme mangels planwidriger Regelungslücke nicht in Betracht. Zudem regelten diese Vorschriften die Erstattung von Anwaltskosten für ein Verfahren, in dem zwischen dem Bürger und der Behörde ein Subordinationsverhältnis bestehe, während die Beteiligten des Erörterungsverfahrens nach § 17c Absatz 2b Krankenhausfinanzierungsgesetz zueinander in einem Gleichordnungsverhältnis ständen.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 280 Absatz 1, § 241 Absatz 2 BGB analog, § 162 Absatz 2 Satz 2 VwGO und § 63 Absatz 2 SGB X analog.

Verfahrensgang:
Sozialgericht Nürnberg, S 18 KR 8/23, 13.09.2023

Sämtliche Vorschauen zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 39/24.

Terminbericht

Die Revision des klagenden Krankenhauses hatte keinen Erfolg. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Erstattung der ihr im Erörterungsverfahren entstandenen Rechtsanwaltskosten zu. Hierfür fehlt es an einer Rechtsgrundlage. Die das Erörterungsverfahren regelnden Vorschriften des §  17c  Absatz 2b Krankenhausfinanzierungsgesetz und der §§ 9, 10 Prüfverfahrensvereinbarung 2021 enthalten keine Regelung zur Erstattung von Rechtsanwaltskosten. Ein Erstattungsanspruch ergibt sich auch nicht aus § 162 Absatz 2 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung oder § 63 Absatz 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch. Das Erörterungsverfahren ist kein förmliches Vorverfahren im Sinne dieser Vorschriften. Die Voraussetzungen einer analogen Anwendung liegen nicht vor. Ein Schadensersatzanspruch scheidet ebenfalls aus. Die Beklagte befand sich mit der Zahlung der Vergütung nicht in Verzug (§ 280 Absatz 1, § 286 Bürgerliches Gesetzbuch), und sie hat mit der Eröffnung des zur einvernehmlichen Klärung von Abrechnungsstreitigkeiten vorgesehenen Erörterungsverfahrens keine nebenvertragliche Pflicht verletzt.  

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