Bundessozialgericht

Verhandlung B 6 KA 3/23 R

Vertragsarztrecht - Ermächtigung - Ambulanz - Ausbildungsstätte für Psychotherapeuten - mündliche Verhandlung - Bedarfsprüfung

Verhandlungstermin 11.12.2024 10:00 Uhr

Terminvorschau

P. Zentrum H. GmbH ./. Berufungsausschuss Sachsen-Anhalt für die Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit
7 Beigeladene
Die Beteiligten streiten um die Ermächtigung einer Ambulanz an einer Ausbildungsstätte für Psychotherapeuten. Die Klägerin, Trägerin eines zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Medizinischen Versorgungszentrums, betreibt ein seit März 2020 staatlich anerkanntes Ausbildungsinstitut für psychoanalytische und tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie. Ihren Antrag auf Ermächtigung der Ambulanz an ihrem Institut zur Behandlung gesetzlich Versicherter lehnte der Zulassungsausschuss nach Abfrage des Bedarfs im einschlägigen Planungsbereich ab. Mit ihrem Widerspruch legte die Klägerin die Ergebnisse einer von ihr selbst durchgeführten Bedarfsabfrage vor. Der Beklagte wies ohne mündliche Verhandlung den Widerspruch zurück, da kein Versorgungsbedarf im Sinne des § 117 Absatz 3 und 3a SGB V vorliege.

Die hiergegen gerichtete Klage hat das Sozialgericht abgewiesen. Im Widerspruchsverfahren sei keine mündliche Verhandlung erforderlich gewesen, auch nicht aufgrund einer analogen Anwendung von § 37 Absatz 1 Satz 1 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV), der für Beschlüsse über die Zulassung und deren Entziehung eine mündliche Verhandlung vorsehe. Die Erteilung der bedarfsabhängigen Ermächtigung sei hier nicht notwendig, um eine ausreichende Versorgung der Versicherten, insbesondere in neuen vom Gemeinsamen Bundesausschuss anerkannten Psychotherapieverfahren, sicherzustellen. Die Klägerin habe ihren Antrag lediglich auf etablierte Psychotherapieverfahren gestützt. Gesichtspunkte der Ausbildung könnten bei der Bedarfsprüfung nicht berücksichtigt werden. Die Versorgungssituation sei auch durch Befragung der psychotherapeutisch tätigen Leistungserbringer im Planungsbereich zutreffend ermittelt worden.

Mit ihrer Sprungrevision rügt die Klägerin eine Verletzung materiellen Rechts. § 37 Absatz 1 Satz 1 Ärzte-ZV sei auf die vorliegende Ermächtigung analog anzuwenden. Zumindest habe der Beklagte seine Ermessensentscheidung, von einer mündlichen Verhandlung abzusehen, fehlerhaft begründet. Er habe im Rahmen der Bedarfsprüfung einen unzutreffenden Maßstab angewandt und den Sachverhalt nicht vollständig ermittelt. Insbesondere hätte der Beklagte prüfen müssen, ob ausreichende Ausbildungskapazitäten für eine mittel- und langfristige Sicherung des Versorgungsbedarfs bezogen auf die angebotenen Therapieverfahren bestünden.

Verfahrensgang:
Sozialgericht Magdeburg, S 1 KA 244/21, 18.01.2023

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Terminbericht

Die Sprungrevision der Klägerin war erfolglos. Zu Recht hat das Sozialgericht einen Anspruch der Klägerin auf Ermächtigung einer Ambulanz an ihrer staatlich anerkannten Ausbildungsstätte für Psychotherapie abgelehnt.

Im Widerspruchsverfahren vor dem Berufungsausschuss musste keine mündliche Verhandlung durchgeführt werden. Die Verfahrensvorschriften der Ärzte-Zulassungsverordnung (Ärzte-ZV) sehen eine mündliche Verhandlung nur bei Zulassungsentscheidungen und der Entziehung von Zulassungen vor. In allen anderen Fällen steht die Anberaumung im (Verfahrens‑)Ermessen des Berufungsausschusses. Die Klägerin kann eine mündliche Verhandlung vor dem Berufungsausschuss auch nicht aufgrund einer analogen Anwendung dieser Vorschriften (§ 45 Absatz 3 in Verbindung mit § 37 Absatz 1 Satz 1 Ärzte-ZV) beanspruchen. Es liegt weder eine Regelungslücke noch eine Gleichartigkeit der zu regelnden Sachverhalte vor. Es ist auch nicht ersichtlich, dass das schriftliche Verfahren den Vortrag der Klägerin erschwert hätte.

Die bedarfsabhängige Institutsermächtigung nach § 117 Absatz 3a SGB V setzt notwendig voraus, dass die ausreichende Versorgung der Versicherten nicht bereits sichergestellt ist. Hier liegt weder ein quantitativ-allgemeiner noch der geltend gemachte qualitativ-spezielle Versorgungsbedarf vor. In die Bedarfsprüfung sind Ausbildungsaspekte entgegen der Ansicht der Klägerin nicht einzustellen. Das folgt aus der Gesetzesbegründung zur Neufassung der Norm durch das Gesetz zur Reform der Psychotherapeutenausbildung vom 15. November 2019. Danach sollten Ambulanzen an psychotherapeutischen Ausbildungsinstituten nicht über den Bedarf der Versicherten hinaus anzahlmäßig erhöht werden. Der Beklagte ist auch zutreffend von einem gedeckten Versorgungsbedarf ausgegangen. Er hat das psychotherapeutische Versorgungsangebot im einschlägigen Planungsbereich ermittelt, indem er die Ergebnisse der Befragung der ansässigen Leistungserbringer nach ihrem Angebot sowie ihrer Aufnahme- und Behandlungskapazität durch den Zulassungsausschuss herangezogen und diese Angaben kritisch gewürdigt hat. In diese Würdigung hat er die von der Klägerin selbst durchgeführte Befragung einbezogen. Die Durchführung weiterer Sachverhaltsermittlungen durch den Beklagten drängte sich nicht auf.

Sämtliche Berichte zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 43/24.

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