Verhandlung B 6 KA 11/23 R
Vertragsarztrecht - vertragsärztliche Versorgung - partielle Entsperrung - Planungsbereich - medizinisches Versorgungszentrum - Zulassung - Anstellungsgenehmigung - Umwandlung des Rechtsträgers
Verhandlungstermin
11.12.2024 11:30 Uhr
Terminvorschau
Dr. G. S. ./. Berufungsausschuss für Ärzte Bayern
9 Beigeladene
Die Beteiligten streiten um eine Zulassung beziehungsweise eine Anstellungsgenehmigung im Umfang eines hälftigen Versorgungsauftrags nach partieller Entsperrung eines Planungsbereichs. Nach Feststellung von Zulassungsmöglichkeiten im Umfang eines halben Versorgungsauftrags für die Gruppe der Augenärzte im Planungsbereich N. durch den zuständigen Landesausschuss, bewarben sich der Kläger und ein - in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts von zwei Vertragsärzten betriebenes - Medizinisches Versorgungszentrum, letzteres mit einem Antrag auf Genehmigung zur Beschäftigung der zu 9. beigeladenen Ärztin. Der Zulassungsausschuss erteilte dem Medizinischen Versorgungszentrum die beantragte Anstellungsgenehmigung im Umfang von 20 Wochenstunden und lehnte zugleich den Antrag des Klägers ab (Beschluss vom 12. Dezember 2018). Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein.
Während des laufenden Widerspruchsverfahrens übernahm die von den beiden Vertragsärzten neu gegründete GmbH, die Beigeladene zu 8., den Betrieb des Medizinischen Versorgungszentrums. Der Zulassungsausschuss stellte die Beendigung der Zulassung des Medizinischen Versorgungszentrums in Trägerschaft der Gesellschaft bürgerlichen Rechts durch Verzicht zum 31. März 2019 fest, ließ das Medizinische Versorgungszentrum ab dem 1. April 2019 am gleichen Standort - nunmehr in der Rechtsform einer GmbH - zur vertragsärztlichen Versorgung zu und genehmigte ihm die Anstellung der Beigeladenen zu 9. Der beklagte Berufungsausschuss ging davon aus, dass die Beigeladene zu 8. Rechtsnachfolgerin der Gesellschaft bürgerlichen Rechts geworden war und wies den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück.
Das Sozialgericht hat den angegriffenen Bescheid des Beklagten aufgehoben und diesen zur Neubescheidung verurteilt. Die zu 9. beigeladene Ärztin hat ihre hiergegen eingelegte Berufung zurückgenommen, nachdem sie ihr Anstellungsverhältnis beendet hatte. Die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen zu 8. sind ohne Erfolg geblieben. Das Landessozialgericht hat zur Begründung ausgeführt, der Beklagte sei im Rahmen der Auswahlentscheidung zu Unrecht von einer unbeachtlichen identitätswahrenden Umwandlung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts in die zu 8. beigeladene GmbH ausgegangen. Die Zulassung des ursprünglichen Medizinischen Versorgungszentrums habe durch Verzicht geendet, weshalb der Gesellschaft bürgerlichen Rechts keine Anstellungsgenehmigung mehr habe erteilt werden können. Eine Erledigung des Auswahlverfahrens sei jedoch nicht eingetreten; der Kläger verbleibe vielmehr als einziger Bewerber, sodass der Beklagte jetzt nur noch die zulassungsrechtlichen Voraussetzungen des Klägers zu prüfen habe.
Mit ihren Revisionen rügen der Beklagte und die Beigeladene zu 8. die Verletzung materiellen Rechts. Der Beklagte macht geltend, dass sich die Entscheidung des Zulassungsausschusses bereits während des bei ihm anhängigen Verfahrens erledigt habe, sodass er nicht mehr zur Neubescheidung habe verurteilt werden dürfen. Die Beigeladene zu 8. meint, das Landessozialgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Umwandlung des Rechtsträgers des Medizinischen Versorgungszentrums Auswirkungen auf das laufende Zulassungsverfahren gehabt habe. Ein identitätswahrender Wechsel von einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu einer GmbH sei zum damaligen Zeitpunkt nach dem Umwandlungsgesetz nicht möglich gewesen. Zulassungsrechtlich dürfe ihr hieraus kein Nachteil entstehen.
Verfahrensgang:
Sozialgericht München, S 43 KA 379/19, 10.08.2021
Bayerisches Landessozialgericht, L 12 KA 36/21, 14.09.2022
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Terminbericht
Die Revisionen des Beklagten und der Beigeladenen zu 8. sind begründet. Die von den Vorinstanzen erfolgte Verurteilung des Beklagten zur Neubescheidung des Klägers war aufzuheben.
Gegenstand des Revisionsverfahrens sind allein die vorinstanzlichen Urteile sowie der Bescheid des Beklagten betreffend die Anstellungsgenehmigung der Beigeladenen zu 9., nicht jedoch die während des laufenden Widerspruchsverfahrens ergangenen Bescheide des Zulassungsausschusses über die Neuzulassung des Medizinischen Versorgungszentrums in der Rechtsform einer GmbH. Letztere sind schon deswegen nicht nach § 86 SGG Gegenstand des Verfahrens vor dem Beklagten geworden, weil sie einen anderen Regelungsgegenstand haben.
Das Anfechtungs- und Verpflichtungsbegehren des Klägers hat sich erledigt. Nach den bindenden Feststellungen des Landessozialgerichts hat das in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts geführte Medizinische Versorgungszentrum noch vor Erlass des angegriffenen Bescheides auf seine vertragsärztliche Zulassung verzichtet. Damit einher ging die Umwandlung der Anstellungsgenehmigung der zu 9. beigeladenen Ärztin in eine Zulassung und nachfolgend ihr Verzicht auf diese Zulassung zugunsten der Anstellung in dem nunmehr in der Rechtsform der GmbH betriebenen Medizinischen Versorgungszentrum. Verzichtet ein Vertragsarzt auf seine Zulassung zugunsten der Anstellung in einem Medizinischen Versorgungszentrum findet nach der Rechtsprechung des Senats keine “Übertragung“ der Zulassung statt. Bereits zu diesem Zeitpunkt trat somit die Erledigung ein. Der angefochtene Bescheid entfaltete keine Wirkung mehr und bedurfte nicht der Aufhebung. Aber auch eine Auswahlentscheidung zugunsten des Klägers war nicht mehr möglich. Nach ständiger Senatsrechtsprechung erledigt sich auch die Ablehnung des Mitbewerbers (hier des Klägers) und dessen Begehren auf Zulassung durch die Zulassungsgremien, wenn der ausgewählte Bewerber nicht mehr zur Verfügung steht; ein Verwaltungsverfahren ist nicht mehr anhängig. Insofern macht es keinen Unterschied, ob Grund für die Ausschreibung die Nachbesetzung einer Praxis oder die teilweise Entsperrung des Planungsbereichs war.
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