Bundessozialgericht

Verhandlung B 12 BA 5/22 R

Versicherungs- und Beitragsrecht - Zuschläge - Sonntagsarbeit - Feiertagsarbeit - Nachtarbeit - Verbeitragung - Urlaub - Krankheit

Verhandlungstermin 12.12.2024 10:00 Uhr

Terminvorschau

M. M. GmbH & Co. KG ./. Deutsche Rentenversicherung Rheinland-Pfalz
1 Beigeladener
Die Klägerin ist ein Tierfutter produzierendes Unternehmen mit Schichtbetrieb. Eine Tarifbindung bestand nicht. Für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit zahlte die Klägerin zusätzlich zum Grundlohn Zuschläge an die Mitarbeiter sozialversicherungsfrei aus. Beim Urlaubsentgelt und bei der Entgeltfortzahlung berücksichtigte sie die Sonntags-, Feiertags- und Nachtzuschläge nicht. Aufgrund einer Betriebsprüfung im Jahr 2017 forderte die Beklagte Beiträge zur Sozialversicherung und Umlagen für Oktober 2013 bis Dezember 2016 im Wege eines Summenbescheids nach.

Das Sozialgericht hat die Festsetzung aufgehoben. Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeitszuschläge seien nicht nur bei geleisteter Arbeit, sondern auch beim Urlaubsentgelt und der Entgeltfortzahlung sozialversicherungsfrei. Das Landessozialgericht hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Sozialgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen. Nach dem Entstehungsprinzip seien auch nicht gezahlte Zuschläge zu verbeitragen. Die Steuer- und Beitragsfreiheit der Zuschläge gelte nur für tatsächlich geleistete Arbeit.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes, der §§ 2 bis 4 Entgeltfortzahlungsgesetz, des § 11 Bundesurlaubsgesetz, des § 2 Absatz 2 SGB I bei der Auslegung des § 3b Einkommensteuergesetz und § 1 Absatz 1 Sozialversicherungs-entgeltverordnung sowie des Artikel 7 Richtlinie 2003/88 EG. "Tatsächliche Arbeit" im Sinne von § 3b Einkommensteuergesetz könne auch vor dem Zeitraum der Inaktivität geleistet worden sein. Die Verbeitragung der Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeitszuschläge widerspreche dem Sinn- und Zweck der Entgeltfortzahlung und des Urlaubsentgelts. Hierdurch verringere sich in unzulässiger Weise das Entgelt im Vergleich zu Zeiten der tatsächlichen Arbeitsleistung.

Verfahrensgang:
Sozialgericht Koblenz, S 10 BA 3/18, 27.05.2021
Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, L 6 BA 33/21, 27.04.2022

Sämtliche Vorschauen zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 47/24.

Terminbericht

Die Revision der Klägerin ist über das angenommene Teilanerkenntnis hinsichtlich der Umlage 1 hinaus nicht erfolgreich gewesen. Zu Recht hat die Beklagte mittels Summenbescheids Beiträge zur Sozialversicherung sowie die Umlage 2 und Umlage Insolvenzgeld für die Zeit von Oktober 2013 bis Dezember 2016 festgesetzt. Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit, die Berechnungselement für die Entgeltfortzahlung oder das Urlaubsentgelt sind, unterliegen als laufendes Arbeitsentgelt der Beitragspflicht. Sie sind nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Halbsatz 1 Sozialversicherungsentgeltverordnung in Verbindung mit § 3b Einkommensteuergesetz nur dann dem Arbeitsentgelt nicht hinzuzurechnen, wenn sie für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit gezahlt werden. Der Wortlaut des § 3b Absatz 1 Satz 1 EStG setzt ausdrücklich eine tatsächliche Arbeitsleistung voraus. Auch die Gesetzessystematik und Gesetzeshistorie sowie Sinn und Zweck der Norm erfordern eine Arbeitsleistung. An diese steuerrechtliche Bewertung knüpft das Sozialversicherungsrecht an. Das verstößt weder gegen Verfassungsrecht noch gegen primäres oder sekundäres Gemeinschaftsrecht. Die Beklagte hat auch zu Recht die Umlage 2 sowie die Umlage Insolvenzgeld erhoben. Für Fehler bei der konkreten Berechnung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge sowie Umlagen bestehen keine Anhaltspunkte.

Sämtliche Berichte zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 47/24.

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