Verhandlung B 4 AS 4/24 R
Grundsicherung für Arbeitssuchende - Optionskommune - Widerspruchssachbearbeitung - Kostenerstattung - Bund
Verhandlungstermin
26.03.2025 11:30 Uhr
Terminvorschau
Bundesrepublik Deutschland ./. Landkreis Wittmund
Die Beteiligten streiten über die Erstattung von 41 543,62 Euro durch den beklagten Landkreis an den Bund.
Der Beklagte ist als sogenannte Optionskommune als Träger der Aufgaben nach dem SGB II zugelassen (zugelassener kommunaler Träger). Wegen der hierdurch angefallenen Aufwendungen rief er für das Haushaltsjahr 2018 im automatisierten Verfahren für das Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen des Bundes (HKR-Verfahren) Bundesmittel für Verwaltungskosten in Höhe von 3 412 641,54 Euro ab. Insgesamt meldete er Verwaltungskosten in Höhe von 3 558 769,14 Euro an, von denen die Klägerin nur 3 371 097,92 Euro anerkannte. Beanstandet wurde auch ein Betrag in Höhe von 152 521,09 Euro für den Einsatz von vier Widerspruchssachbearbeitern im Aufgabenbereich des SGB II. Die Aufwendungen hierfür seien nicht wie geschehen in tatsächlich angefallener Höhe als Personalkosten abzurechnen (sogenannte Spitzabrechnung). Vielmehr seien sie den Personalgemeinkosten zuzuordnen und durch eine Pauschale abgegolten.
Das Landessozialgericht hat die auf Erstattung der über den anerkannten Betrag hinaus abgerufenen 41 543,62 Euro gerichtete Klage abgewiesen, denn die Kosten für den Einsatz der Widerspruchssachbearbeiter seien zutreffend als Personalkosten "spitz" abgerechnet worden. Nach § 6b Absatz 2 Satz 1 SGB II habe der Bund als Verwaltungskosten auch die personellen Aufwendungen der zugelassenen kommunalen Träger für Aufgaben nach dem SGB II zu tragen. Zu diesen Aufgaben gehöre auch der Erlass von Widerspruchsbescheiden im Bereich des SGB II, wofür die fraglichen Sachbearbeiter ausschließlich eingesetzt worden seien. Nichts anderes ergebe sich nach der Kommunalträger-Abrechnungsverwaltungsvorschrift. Ausgehend von Wortlaut und Entstehungsgeschichte von § 10 und § 13 Kommunalträger-Abrechnungsverwaltungsvorschrift seien die Kosten des für die Widerspruchssachbearbeitung eingesetzten Personals den Personal- und nicht den pauschalierten Personalgemeinkosten zuzuordnen.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 6b Absatz 2 Satz 1, Absatz 5 SGB II in Verbindung mit §§ 10, 13 Kommunalträger-Abrechnungsverwaltungsvorschrift. Der Beklagte sei zur Erstattung des mit der Klage geltend gemachten Betrags verpflichtet. Das Landessozialgericht habe die im Haushaltsjahr 2018 angefallenen Aufwendungen für die Widerspruchssachbearbeitung zu Unrecht den in tatsächlich anfallender Höhe "spitz" abrechenbaren Personalkosten und nicht den pauschaliert abzurechnenden Personalgemeinkosten zugeordnet. Dies widerspreche den für den Beklagten und das Gericht verbindlichen Vorgaben der Kommunalträger-Abrechnungs-verwaltungsvorschrift.
Verfahrensgang:
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, L 18 AS 1532/21 KL, 14.12.2023
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Terminbericht
Die Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Erstattung weiterer von diesem im Haushaltsjahr 2018 als Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende abgerufener Bundesmittel.
Einzig in Betracht kommende Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Erstattungsanspruch ist § 6b Absatz 5 Satz 1 SGB II. Danach kann das Bundministerium für Arbeit und Soziales von einem zugelassenen kommunalen Träger die Erstattung von Mitteln verlangen, die er zu Lasten des Bundes ohne Rechtsgrund erlangt hat. Die umstrittenen, über die von der Klägerin anerkannten Verwaltungskosten hinausgehenden Bundesmittel hat der Beklagte jedoch nicht ohne Rechtsgrund erlangt. Vielmehr waren ihm diese Mittel durch § 6b Absatz 2 SGB II vermögensrechtlich endgültig zugeordnet. Diese Norm regelt zwar lediglich die Kostentragung und keine Erstattungsansprüche der Optionskommunen gegen den Bund, die hierin angeordnete Kostentragung bildet aber den Rechtsgrund für ein "Behaltendürfen" der vom zugelassenen kommunalen Träger abgerufenen Mittel. Dieser kann einem auf § 6b Absatz 5 Satz 1 SGB II gestützten Erstattungsverlangen entgegengehalten werden. Wie in § 6b Absatz 2 SGB II vorausgesetzt, handelt es sich bei den umstrittenen Kosten für vier Widerspruchssachbearbeiter um Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende, denn sie waren ausschließlich eingesetzt für die Bearbeitung von Widersprüchen und Gerichtsverfahren aus dem Leistungsbereich der besonderen Einrichtung. Zu den Aufgaben nach dem SGB II gehören die Widerspruchssachbearbeitung als Teil eines einheitlichen Verwaltungsverfahrens und eine nachfolgende Bearbeitung von Rechtsmitteln in diesen Angelegenheiten.
Der Beklagte war auch berechtigt, die Aufwendungen für die vier Widerspruchssachbearbeiter gegenüber der Klägerin als Personalkosten in tatsächlicher Höhe ("spitz") und nicht als pauschalierte Personalgemeinkosten abzurechnen. Insoweit kann dahinstehen, ob die Kommunalträger-Abrechnungsverwaltungsvorschrift Bindungswirkung auch für Gerichte entfaltet. Bereits nach deren Wortlaut sind die Kosten des für die Widerspruchssachbearbeitung ausschließlich in Angelegenheiten des SGB II eingesetzten Personals den Personal- und nicht den Personalgemeinkosten zuzuordnen.
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