Verhandlung B 6 KA 7/24 R
Vertragsarztrecht - vertragsärztliche Versorgung - Bedarfsplanung - zwei hälftige Versorgungsaufträge - angestellter Arzt
Verhandlungstermin
26.03.2025 13:00 Uhr
Terminvorschau
K. S. ./. Berufungsausschuss für Ärzte Bayern
8 Beigeladene
Die klagende Vertragsärztin begehrt die Erteilung einer Genehmigung zur Anstellung ihres Vaters, des Facharztes für Urologie Dr. K. Dieser ist bereits an zwei Praxissitzen mit jeweils halbem Versorgungsauftrag zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Am Standort der Praxis der Klägerin im Planungsbereich N. betreibt er außerdem eine Filialpraxis.
Nach partieller Entsperrung des Planungsbereichs N. für die Arztgruppe der Urologen im Umfang eines halben Versorgungsauftrags bewarb sich die Klägerin auf den ausgeschriebenen Vertragsarztsitz mit dem Ziel, diesen durch die Beschäftigung des Dr. K. zu besetzen. Daneben bewarben sich Dr. K. unmittelbar sowie die zu 8. beigeladene Berufsausübungsgemeinschaft mit dem Ziel, die halbe Stelle mit dem angestellten Arzt Dr. L. zu besetzen.
Der Zulassungsausschuss entschied zugunsten der Berufsausübungsgemeinschaft und lehnte die Anträge der Klägerin sowie des Dr. K. ab. Die Ablehnung wurde mit den bereits bestehenden vertragsärztlichen Zulassungen des Dr. K. im Umfang von insgesamt einem vollen Versorgungsauftrag begründet. Den dagegen eingelegten Widerspruch der Klägerin wies der beklagte Berufungsausschuss zurück. Klage und Berufung der Klägerin sind ohne Erfolg geblieben.
Die Klägerin verfolgt mit der Revision ihr Begehren weiter. Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts und macht insbesondere geltend, dass die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur vertragsärztlichen Tätigkeit im Umfang von höchstens einem vollen Versorgungsauftrag nicht ohne Weiteres auf die Anstellung von Ärzten übertragbar sei.
Verfahrensgang:
Sozialgericht München, S 38 KA 13/21, 15.03.2023
Bayerisches Landessozialgericht, L 12 KA 17/23, 31.01.2024
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Terminbericht
Die Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg. Die Entscheidung des Beklagten, die Bewerbung der Klägerin abzulehnen und diese nicht in die Auswahlentscheidung um die Besetzung des Vertragsarztsitzes im Umfang eines halben Versorgungsauftrags einzubeziehen, ist nicht zu beanstanden.
Der Klägerin kann die Genehmigung zur Anstellung ihres Vaters, des Arztes für Urologie Dr. K., nicht erteilt werden, weil dieser bereits über zwei Zulassungen im Umfang von jeweils einem halben Versorgungsauftrag verfügt. Eine über den - bereits wahrgenommenen - vollen Versorgungsauftrag hinausgehende Teilnahme des Dr. K. an der vertragsärztlichen Versorgung ist ausgeschlossen. An der ständigen Rechtsprechung zur vertragsärztlichen Tätigkeit im Umfang von höchstens einem vollen Versorgungsauftrag hält der Senat fest. Auch nach Einführung der Möglichkeit zur Reduzierung eines Versorgungsauftrags auf die Hälfte oder Dreiviertel ist der volle Versorgungsauftrag Ausgangspunkt und Maßstab der Regelungen zur Bedarfsplanung und zur vertragsärztlichen Vergütung geblieben. Auch durch eine Anstellung kann die Teilnahme eines Arztes an der vertragsärztlichen Versorgung nicht auf mehr als einen Versorgungsauftrag erweitert werden.
Dagegen kann die Klägerin nicht mit Erfolg einwenden, dass die Anstellungsgenehmigung unter der Bedingung des teilweisen Zulassungsverzichts hätte erteilt werden können. Nach den bindenden Feststellungen des Landessozialgericht hat Dr. K. zu keinem Zeitpunkt die Bereitschaft zu einer Reduzierung seiner Tätigkeit als Vertragsarzt erklärt oder diese wenigstens in Aussicht gestellt.
Durch die Beschränkung von angestellten Ärzten auf die Wahrnehmung von höchstens einem vollen Versorgungsauftrag wird weder die durch Artikel 12 Absatz 1 Grundgesetz geschützte Berufsfreiheit der Klägerin noch das Gleichbehandlungsgebot aus Artikel 3 Absatz 1 Grundgesetz verletzt. Diese Beschränkung verhindert im Übrigen die Zuteilung von Versorgungsaufträgen “auf Vorrat“ und trägt damit dazu bei, dass die Berufsfreiheit anderer Ärzte, die die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung in zulassungsbeschränkten Planungsbereichen anstreben, nicht übermäßig beschränkt wird.
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